Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Und dennoch scheine ich es nicht komisch zu finden, dass ich immer nur abwarte dass alles besser wird, alles endlich in Gang kommt, das Leben losgeht oder so.
"She ain't running / She's walking a little slow / And she ain't crying - she's just singing a little low" - Rickie Lee Jones
2012-03-08
Wenn
werde ich es schaffen nicht mehr wehmütig an meinen Vater zu denken, wenn ich Musik höre, die er auch mag. Ich werde dann einfach kurz denken "oh, Dire Straits, eine von Papas Lieblingsbands" und das war's. Keine Tränen, nicht mal weggezwinkerte, keine Gesichtsmuskeln, die mir nicht gehorchen und rumzucken, kein eingeklemmtes Gefühl im Bauch, kein Kloß im Hals. Nur ein kurzes Zurkenntnisnehmen. Nicht abgestumpft, aber auch nicht mehr schmerzhaft.
Und bis dahin freue ich mich, dass ich immerhin schon groß genug bin, mir meine Traurigkeit ein- und zuzugestehen, ohne sie bitter wegzurempeln oder in Wut zu verwandeln. Ja, ich hab alle Lieder von Diana Krall gelöscht, ohne sie anzuhören. Ja, nur weil sie seine LIeblingssängerin ist. Und das ist völlig okay.
2011-12-21
Diese Scheiße mit den Bindungstypen raubt mir den letzten Nerv.
"Je nach Interaktion zwischen Bindungsperson und Kind können verschiedene Hauptbindungsmuster entstehen. Jedes dieser Muster stellt eine an die Lebensbedingungen angepasste Verhaltensstrategie des Kindes und keine Bindungsstörung dar." Na dann.
"Das sicher gebundene Kind kann seine Gefühle zeigen (…).
Kinder, die ihre Gefühle in Stresssituationen nicht offen ausdrücken (…) werden dem unsicher-vermeidenden Bindungsmuster zugeordnet. Ihre Bindungspersonen sind häufig nicht sehr feinfühlig und stehen demnach auch nicht als sichere Basis zu Verfügung. Die Kinder entwickeln eine Vermeidungsstrategie: Sie suchen die Nähe ihrer Bindungsperson gar nicht erst, da sie von ihr keine Auflösung ihrer negativen Gefühle erwarten. Die unbewussten Arbeitsmodelle unsicher-vermeidend gebundener Kinder bilden die Bindungsperson als nicht unterstützend und sich selbst als zurückgewiesen ab. Auf diese Weise entwickeln sie ein eher negatives Selbstbild, unterdrücken ihre Gefühle und kontrollieren sich in hohem Maße selbst. Diese Kinder wirken oft besonders selbstständig und unbelastet. Jüngere Studien haben jedoch gezeigt, dass sie in den ersten Tagen in einer Einrichtung mindestens eben so stark unter Stress stehen wie sicher gebundene Kinder."
"Inneres Arbeitsmodell des Kindes beim unsicher-vermeidenden Bindungstypen:
- Andere Menschen sind unerreichbar und abweisend.
- Ich muss mich schützen.
- Wenn ich meine Bedürfnisse verleugne, werde ich nicht zurückgewiesen.
- Wenn ich mich um andere kümmere und meine eigenen Bedürfnisse verleugne, werde ich geliebt."
Pädagogische Texte lesen und in den Beschreibungen des kindlichen Verhaltens des eigenen, inzwischen 20-jährigen Ichs wiederfinden, immer wieder. Die ganzen Macken und Mechanismen, die ich für mich teilweise erst lerne, zu benennen und zu formulieren, einfach so auf Papier, als trockene Beschreibung, einfach so. Bums. Deal with it.
Ich möchte das nicht.
Vorhin dachte ich mir: "Hey, hätte ich nicht schon vor knapp nem Jahr die Therapie angefangen, hätte ich wahrscheinlich schon keine Lust mehr auf diese ganze Scheiße und die pädagogische Ausbildung einfach abgebrochen." Ha. Wahrscheinlich trotzdem nicht, aber der Unterschied wäre gravierend.
"Ja, das mit der Hausaufgabe hab ich nicht hinbekommen, ich hab's leider nur noch geschafft, meine Gefühle in einen Blogtext zu packen. Ha!"
2011-10-25
Al(p? b?)träume
Das tat mir in meinem Traum weh, und ich weinte. Und davon wachte ich auf.
Und nach dem Aufwachen, als ich natürlich nicht sofort an anderes dachte, sondern mich gedanklich mit meinem Traum beschäftigte, fiel mir etwas auf:
Früher handelten meine Albträume (ich schreibs jetzt einfach mal mit b) von Monstern, die mich verfolgten, oder davon, dass meiner Familie oder einem anderen mir wichtigen Menschen etwas zugestoßen war, oder vom Weltuntergang. Das waren die Träume, nach denen ich nicht mehr einschlafen wollte.
Heute kommen in meinem Albträumen häufig mein Vater und meine Großeltern väterlicherseits vor. Beziehungsweise, wenn diese Menschen darin vorkommen, ist es so gut wie immer ein Albtraum, aufgrund der darin enthaltenen Gefühle, Atmosphären etc. Das sind heute die Träume, nach denen ich nicht mehr schlafen will.
Und verdammt, das hat mich traurig gemacht. Träume, die Albträume werden, weil der eigene Vater (!) darin vorkommt. Was zur Hölle?
"I don't always have nightmares, but when I do, I dream about my dad and my grandparents."
Haha, die eigene Emotionsmistlebensscheiße erstmal in ein Meme verwursten, dann ist das mit dem drüber lachen auch wieder einfacher. Dann nur aufpassen, dass man nicht doch wieder anfängt zu weinen, lachen und weinen ist ja durchaus nahe beieinander.
2011-09-26
Was machen Sie anders als Ihre Eltern?
ich denke mehr nach. ich reflektiere mehr. ich bin, lebe, fühle, handle bewusster. ich weiß vielleicht nicht ganz, wer ich bin und vielleicht werde ich das auch nie ganz sein, aber ich weiß schon viel über mich und es wird mehr und ich bin auf einem guten weg. und das jetzt schon, nicht erst mit 40.
jedenfalls habe ich das alles vor. und es sich bewusst zu machen und sich vorzunehmen und los zu gehen ist ein guter anfang, ja?
ich will nicht die gleichen fehler machen. ich will da sein.
2011-08-30
Fast alles, nein, eigentlich alles-alles, was du geschrieben hast, trifft ebenso auf meinen Vater zu... Väter sind scheiße. Das ist jetzt zwar keine Frage, aber... es tut mir leid für uns.
schon irgendwie.
und was auch tragisch ist: es stimmt gar nicht. väter sind nicht scheiße. es gibt gute väter und ich sehe sie immer wieder und auch nach jahren lässt mich das immer wieder mit offenem mund da stehen und staunen, wenn ich sehe, was für gute väter manche männer sind. es ist nur nie meiner. nie mein vater. nein, ausgerechnet meiner muss ein versagerexemplar par excellence (wie auch immer das geschrieben wird) sein und das stört mich wirklich sehr, das kotzt mich an. das führt dazu, dass ich sogar auf fremde, offensichtlich awesome seiende väter mit kind im tragetuch im bus sauer sein kann. "du bist ein toller vater, aber nicht meiner. folglich bist du scheiße. geh weg." irrationaler kackmist.
2011-08-25
Was hat dein Vater getan, dass du ihn so konsequent für so viele deiner Probleme verantwortlich machst?
und er hat auch nicht wirklich schlimme dinge getan, bei denen man betroffen schweigt und nicht weiß was man sagen soll.
aber er war kein guter vater. er war ein desinteressierter vater, bei dem seine eigenen interessen und bedürfnisse immer vor denen aller anderen kommen. eine befreundete ärztin hat da mal eine narzisstische persönlichkeitsstörung vermutet, aber das ist nie irgendwie psychologisch festgestellt worden.
ich habe viele lustige erinnerungen an meine kindheit, die mit meinem vater verbunden sind. wir haben rumgealbert, witze gemacht, uns immer gut verstanden, schon als ich sehr klein war. ich war seine lieblingstochter. wir haben beide ein großes allgemeinwissen, man hatte eine intellektuelle ebene, das war nett.
aber: man wird älter und man schnallt mehr und man sieht dinge, die man vorher nicht gesehen hat. und was ich irgendwann sah, war, wie dumm mein vater teilweise ist. nicht dumm, was intelligenz angeht. sondern dumm, was wirkliches nachdenken angeht. wie dumm er handelte. wie dumm er diskutierte. dass meine meinung an seine sowieso nie heranreichen konnte, weil seine meinung die wahrheit war und nichts als die wahrheit.
mein vater sieht bis heute nicht, dass ich eine person bin, die eine eigene meinung hat und eigenständig denken kann. er liebt mich zwar, aber auf eine art, mit der ich nichts anfangen kann, weil diese liebe aus meiner sicht - genau so wie er und seine wahrnehmung der realität - krank ist. wenn jemand mich liebt, mich aber nicht als person wahrnimmt - sorry, das finde ich scheiße.
hinzu kommt, dass mein vater einfach nie da war und meine mutter mehr oder weniger fünf kinder alleine groß gezogen hat, was stressig und anstrengend war und sie an den rand ihrer kräfte gebracht hat, was auch für uns kinder auswirkungen hatte. er hat sich nicht darum gekümmert, einen job zu bekommen und geld zu verdienen, für seine große familie. das wenige geld, das wir hatten, ging eher für ihn drauf als für die ganze familie. man hätte damit wirtschaften können, aber weil er das nicht konnte, war das geld immer knapp, man konnte sich vieles schlichtweg nicht leisten.
der ganze scheiß in der ehe meiner eltern, der sich natürlich auch auf uns als ganze familie auswirkte, lässt sich zu großen teilen oder sogar insgesamt darauf zurückführen, dass mein vater nie erwachsen geworden ist. nie wirklich verantwortung übernommen hat. immer in erster linie für sich sorgt. und dann für sich. und dann für sich. dann für sich selbst, dann für sich, und irgendwo ganz am ende der schlange stehen dann vielleicht auch mal die anderen.
mein vater war und ist immer noch ein schlechter vater, weil er schlicht und ergreifend keiner war und ist. ich habe einen vater und habe keinen vater. das ist scheiße.
2011-06-25
Noch so ein Blogpost, den ich meinem Vater vielleicht einfach als Mail schicken sollte.
2011-06-22
"dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch."
Der ganze Text, ohne Klammern und in der Ursprungsreihenfolge, ist mir zu privat für hier. Das kann ich nicht. (Und ja, ich als bekennende Menstruationstwittererin kann auch kaum glauben, dass ich das schreibe.)
(Nett, wie vieles ich heute nicht mehr so sehe. Obwohl ich mir in dem Moment sehr, sehr sicher war.)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (I)
"Würdest du mich einfach so mögen, wäre da ja nichts, was ich erreichen und auf was ich stolz sein kann. Das wäre ja viel zu einfach! Das wäre ja, als würde der eigene Vater einen liebhaben, obwohl man gar nichts dafür getan hat!" (...)
"Wenn mir einfach so Interesse entgegen gebracht wird, muss ich ja nichts leisten."(...)
"Sollte da irgendein Unterschied in der Sympathiemenge vorhanden sein, dann nur, weil ich das so will. Und es so einrichte. Blöderweise. Weil irgendetwas in mir zu glauben scheint, dass das so muss. Der andere kann mich nicht einfach so toll finden wie ich bin. Das kann nicht stimmen. Da muss eine Diskrepanz her. (...) Weil ich nunmal ich bin. Und andere nicht. Und ich war bisher mickrig und deshalb ist es nur logisch, dass ich auch mickrig bleibe. Es kann ja wohl kaum sein, dass ich nicht mickrig bin, sondern mich nur so fühle. Nein, das stützt sich schon auf Erfahrungen, einschlägige. Ich bin so vieles nicht wert, weil das so ist. Das war schon immer so. Kein Fehler in der Matrix." (...)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (II)
(...)"Ich sehe am Tag mindestens zwei Menschen, in deren Lächeln ich mich auf der Stelle verlieben könnte. Und mindestens genau so viele Augen, die genau die richtigen Blicke haben. Und mindestens genau so viele Hände, die mich schlichtweg verzaubern, in den simpelsten Momenten. DU BIST ERSETZBAR. Du bist nur einer von vielen, deren Aufmerksamkeit ich möchte, weil ich da irgendein nimmersattes schwarzes Defizitloch in mir habe. Und es läuft rum und sagt "Hunger" und ich esse und esse und am Montag gibt es einen Apfel und am Dienstag zwei Pflaumen und am Samstag Eiscreme und Kuchen und Pizza und Gummibärchen, aber das nimmersatte Defizit ist immer noch nicht satt. Und dann gibt es Menschen. 'Guck mal der, der ist schön. Und der. Und der. Und wenn der da mich schön, toll, bemerkenswert in irgendeiner Form finden könnte, wäre ich glücklich. Aber es kann auch der sein. Oder der.'
Weil ihr alle egal seid. Es geht um mich, ausschließlich."
(...)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (III)
"Würdest du mich einfach so mögen, wäre da ja nichts, was ich erreichen und auf was ich stolz sein kann. Das wäre ja viel zu einfach! Das wäre ja, als würde der eigene Vater einen liebhaben, obwohl man gar nichts dafür getan hat!" (...)
"Ja. Letztlich alles, was mein Vater [Anmerkung: Inzwischen schiebe ich das nicht mehr nur auf ihn, sondern auch auf andere.] an mir verbocken konnte. Da kommt das kleine Mädchen her, das so unbedingt geliebt werden muss für all die tollen Sachen, die es hinkriegt. Immer auf der Suche, nach Anerkennung, nach Liebe, Bewunderung - nicht aus Oberflächlichkeit, sondern aus einem ganz grundsätzlichen Bedürfnis heraus. Die Suche ist das einzig Bekannte. Und wenn dann jemand versucht, das zu erfüllen, das Gesuchte zu sein, wenn da jemand passt, weil er das Gesuchte ist - das geht nicht. Dann ist das einzige, was man kennt, weg. Die Suche. Die Suche ist schon so lange da, die kann nicht einfach weg sein. Alle anderen sind erst später dazu gekommen, die dürfen die Suche nicht verdrängen. Und wenn sie das tun, entscheidet man sich halt und dann natürlich für das, was einem vertraut ist. Suchen. Immer weiter. An allen überhaupt möglichen Zielen vorbei, weil der Weg das Ziel ist und die Suche der Schatz, der einem immer einen Regenbogen voraus ist."
2011-04-25
Antriebslosigk.
2011-02-09
Dieses und das, solches und jenes
Dachte ich wirklich. Und insofern war ich ... ein bisschen enttäuscht. "Wie, mit zunehmendem Alter werde ich nicht einfach cool und gelassen werden?" Nein, Maria. Leider nicht. Auch richtige Erwachsene sind unsicher, sie kommen nur gelassener rüber.
Och Scheiße.
Dieses Geschehen führte jedenfalls dazu, dass ich im Bus saß und rumdachte. Und Erkenntnisse hatte, manche davon habe ich hin und wieder und sollte sie DRINGEND mehr verinnerlichen, manche waren neu. Einfach mal unsortiert hingespuckt:
Aha: Man wird mit zunehmendem Alter nicht automatisch gelassener. Man gewöhnt sich vielleicht nur mehr an die Ängste und Unsicherheiten, sowie man sich an alles im Leben gewöhnt und es irgendwann akzeptiert.
Die anderen haben auch alle Angst. Manche mehr, manche weniger - aber alle haben Angst. Stimmts? Ich vergesse das immer und immer wieder und glaube jedesmal, ich wäre alleine. Mit meiner Verzagtheit. Die man mir vermutlich oft genug nichtmal anmerkt, genauso wie ich den anderen ihre Ängste auch nicht anmerke.
Selbstbewusstsein ist nicht die Abwesenheit von Minderwertigkeitskomplexen. Es ist eher eine "ich lasse mich nicht (zu sehr) von den Gedanken an das, was andere von mir denken könnten, beeinflussen"-Haltung. Und ich bin neidisch, weil mir diese Haltung so schwer fällt und ich mich immer wieder daran erinnern muss, dass in meinem Kopf vor allen anderen MEINE Gedanken wichtig sein sollten. Nicht meine Vermutungen, was andere von mir halten, in mir sehen könnten.
Mein Vater hätte mir kein Selbstbewusstsein im Sinne von "ich bin schön" geben müssen. "Scher dich einfach mal nen Dreck drum, was die anderen denken könnten" hätte gereicht.
Es fällt mir so schwer, mich einfach mal nicht drum zu scheren.
Und das nervt mich. Ich hab nur leider noch nicht rausgefunden, was ich effektiv gegen mein Mitbedenken fremder Gedanken tun kann. Ich werde mal meinen Therapeuten danach fragen.
Oder ist das vielleicht n typisches Pubertätsproblem? Diese Unsicherheit mit sich selbst?
Ich muss mich sogar an so etwas simples erinnern: Du bist noch nicht erwachsen, Maria. Gib dir Zeit.
Ja, sollte ich mal versuchen. Ich bin erst 19, ich bin eigentlich noch ein Teenager. Aber man fühlt sich halt im eigenen Denken schon seit Jahren so erwachsen und reif. Das körperliche und auch das psychische hinken da aber eigentlich hinterher. So ein Mist.
hierwäreneigentlich62Unterstrichehierwäreneigentlich62Unterstrichehierwäreneigentlich62Unterstriche_
Ja, das mal als kleinen Überblick, was mir heute so im Kopf rumspukt.
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Sometimes I wish i had a smaller ass so that I could go swimming without feeling like a whale. |
2011-02-07
Gestern war Sonntag, heute ist Montag. Auch wenn sich das erst in 6 Stunden so anfühlen wird.
Gestern (also Sonntag) habe ich laaange geschlafen, wie ich das so tue, wenn Wochenende ist und ich erst um 8 Uhr morgens ins Bett finde. "Laaange" heißt in diesem Fall "bis in den späten Nachmittag".
Irgendwann im Laufe des Tages also, zwischen all den Halb- und Ganzschlafphasen, zwischen all dem anstrengenden "jetzt könnte ich mal aufstehen" und "nein, ich dreh mich erst nochmal rum", zwischen Träumen, und Dingen, die wirklich passieren, passierte diese seltsame Sache.
Ich träumte. Ich träume generell viel, durcheinander und lebhaft und an vieles kann ich mich hinterher noch erinnern. In diesem Traum stand ich irgendwann neben einem jungen Baum und vor einem weißen Auto. Und weil irgendwann in dem Traum mein Vater vorgekommen war, dachte ich an meinen Vater.
Das ist nicht so seltsam. Ich sehe meinen Vater im Traum wesentlich häufiger als in der Realität. (Und das so geschrieben zu sehen, fühlt sich... ein bisschen schauernd an.)
Ich dachte also in dem Traum an meinen Vater. Und daran, wie er ... so vieles verkehrt gemacht hat. Und jetzt vor den Scherben steht. Alles irgendwie kaputt ist, nicht mehr so wie vorher. Die Welt anders, und er versteht nicht, warum.
Ich hab in diesem Traum etwas gefühlt, was ich mir in der Realität verbiete: Seinen Schmerz. Die Verwirrung des kleinen Jungen, der er irgendwann mal war und eigentlich ist, das Unverständnis darüber, dass die Familie einen verlassen hat, der Ärger und die Wut darüber, dass man Jobs verloren hat und Erwartungen enttäuscht hat und die eigenen Erwartungen an sich selbst sich nie erfüllt haben oder vielleicht nichtmal so real da waren, wie sie es hätten sein sollen und müssen. Dieser ganze Schmerz darüber, dass man nicht der Erwachsene geworden ist, der man mal sein wollte.
In dem Traum hab ich wirklich den kleinen Jungen gesehen, mit Ärger und Unverständnis im Gesicht.
Und dann bin ich aufgewacht, weil ich geweint habe und weil, während ich träumte, in meinem Kopf, verspätet, aber doch, diese Warnung endlich aufblinkte: "Hör auf! VORSICHT, SCHMERZ!" Diese Warnung, die in der Realität schneller kommt, als ich bewusst wahrnehmen kann. Und sogar im Traum da ist.
Die rote Signalfarbe. Die vielen Signalworte, -gefühle, -gedanken. "Lass das in Ruhe. Du wirst dir weh tun, mehr als du musst." Okay, ich lass die Finger davon.
Weil das so eine ... seltsame Begebenheit war, lass ich es hier.
2011-01-30
"Papa"
Ich hasse das. Dass ich dieses Wort nicht mehr einfach so denken oder fühlen oder sagen kann. Das ist ein Wort, das immer normal war. Ich bin damit aufgewachsen. Er war immer "Papa", nie "Vater".
Und jetzt passt mir das Wort nicht mehr und tut weh und mir wird schlecht, weil alles, was mit ihm zu tun hat, weh tut. Jetzt, wo er nicht mehr mein toller Papa ist. Sondern nur noch mein Vater, leider dumm und ohne Verständnis für irgendwas, was geschieht. Nur noch der Typ, der mich und meine Schwestern gezeugt hat und ansonsten so viel mehr vergeigt als richtig gemacht hat. Der Typ, der mir immer wichtiger war als ich ihm. Die erste und bislang längste unausgewogene Beziehung meines Lebens.
Ich hab nicht gewusst, dass ich irgendwann verstehen würde, warum Kinder ihre Eltern nicht mehr einfach nur lieben, sondern wütend sind und enttäuscht und verletzt.
Ich vermisse den Papa, den ich toll finden konnte und auf den ich nicht wütend war. Ich vermisse den Papa, von dem ich glaubte, dass er auch noch und erst recht toll sein würde, wenn ich erwachsen wäre. Ich vermisse den Papa, von dem ich glauben konnte, dass er mich lieb hat.
Wirklich. Du fehlst mir. Auch wenn es dich ja so nicht wirklich gab, sondern ich damals einfach nur noch nichts verstanden habe.
2011-01-29
Eine Klärung der daddy issues könnte auch die Frage klären, wo "mutig" aufhört und "nuttig" anfängt.
Eine Klärung der daddy issues könnte auch die Frage klären, wo "mutig" aufhört und "nuttig" anfängt.
Soll folgendes sagen:
Ich, als sich irgendwie beschädigtes fühlendes daddy-issues-girl, darf mich gleichzeitig auch noch stolze Besitzerin ausgewachsener self-esteem-issues nennen. Minderwertigkeitskomplexe hooray.
Das war die Kurzfassung. Jetzt mal auseinandergenommen:
Warum schiebe ich das auf meinen Vater? Weil der die Aufgabe gehabt hätte, mich stark zu machen, mich zu bestätigen, mir Aufmerksamkeit und Lob für das zu geben, was ich leiste.
Verdammt, ich hatte in meinem Zimmer Gedichte auf meiner Tapete stehen, selbstgeschriebene Gedichte, mit Bleistift auf der verdammten Wand. Und der Idiot hat nicht einmal was dazu gesagt. Nicht ein einziges Mal. Er hat mir einen ganzen Sommer lang einen Kleiderschrank in mein Zimmer gebaut, war jeden Tag in meinem Zimmer mit den vollgeschriebenen Wänden. Und nicht ein einziges Mal ein "Hast du das alles selbst geschrieben? Find ich toll" oder auch nur ein stehenbleiben und aufmerksam lesen, was da steht. Kein einziges Mal.
Und so ging das ja nicht nur diesen Sommer. Sondern immer, mein ganzes Leben. Mein Vater hat mich nicht geschlagen oder missbraucht, aber er hielt es nicht für nötig, Interesse zu zeigen. Für keine von uns. Wie der erfahrene Küchenpsychologe weiß, ist der Vater für die Tochter das erste männliche Gegenüber. Klar. Mama liebt mich immer, ich war ja auch mal in ihrem Uterus und überhaupt, Mutter-Kind-Bindung-blah. Mein Vater hingegen hat mich nicht geboren oder gestillt oder was auch immer. In der Tierwelt fressen manche Väter ihre Jungen, daran muss ich immer denken. Mutterliebe erscheint mir irgendwie selbstverständlicher als Vaterliebe.
Also. Zurück zu dem, was ich sagen wollte. Ein Vater sollte seinem Kind Bestätigung geben. Für die Tochter heißt das, dass sie durch ihren Vater lernt, dass sie Wert hat. Sie, als Frau, hat Wert. Und dass ihr Wert gesehen, bemerkt wird. Wenn Papa sagt "du bist schön", braucht es ein bisschen mehr als nur einen dummen Jungen, um dem Mädchen was anderes zu erzählen. "Mein Papa findet mich schön. Ich bin schön. Und wer was anderes sagt, hat im Gegensatz zu meinem Papa keine Ahnung."
Aber wie ist das nun, wenn Papa nichts merkt. "Papa, ich war beim Friseur." "Papa, ich hab neue Klamotten an, guck mal." "Papa, ich hab ein Abendkleid an, guck mal." "Papa, ich kann tolle Gedichte schreiben. Es stehen auch welche an meiner Tapete, guck mal." "Papa, ich hab Akne, bin ich so schlimm hässlich, wie es sich anfühlt?"
Äh. Papa guckt auf seinen Computerbildschirm oder macht Mittagsschlaf und befindet es nicht für nötig, Interesse zu zeigen, einfach mal hinzugucken, wie es dem Kind geht, was es macht. Deswegen muss man ihm alle diese Sachen extra sagen. Wo andere Väter sagen, was für eine schöne, schlaue, tolle Tochter sie haben, muss ich meinen Vater erst darauf hinweisen, dass ich überhaupt da bin. Ansonsten ist der PC oder die Welt da draußen oder weiß der Geier was einfach interessanter.
Und was ist das jetzt mit "mutig oder nuttig"?
Das weiß ich halt nicht, ehrlich gesagt. Rede ich gerne über meine Brüste, weil ich tatsächlich finde, dass ich darüber reden darf und weil ich das auch will? Oder weil sich dann andere Menschen freuen und mich mögen? Andere Mädchen steigen mit jedem Typen ins Bett, weil sie hoffen, so Bestätigung zu bekommen, die Papa ihnen nicht gegeben hat. Nun, so schlimm ist es mit mir nicht, ich wäre für sowas auch viel zu unsicher, aber ich habe andere Aufmerksamkeitsbeschaffungsmaßnahmen. Und wenn ich über meine Brüste oder Mumu-Tweets twittere oder über meine Brüste rede oder weit ausgeschnittene Sachen trage oder kokettiere oder WAS ZUM KUCKUCK AUCH IMMER, dann weiß ich manchmal selbst nicht, was das eigentlich soll. Will ich das, weil ich das lustig finde und es mir Spaß macht? Mach ich das für mich? Das wäre mutig, in einer bestimmten Art und Weise, es wäre ein "ich mach was ich will, wie ich es will".
Oooooder... mach ich das, weil es die Möglichkeit bietet, dass andere mich mögen? Jeder mag Brüste. Wenn ich offenherzig (haha) mit meinen umgehe, wird das doch auch gemocht.
Aha.
Also, ich erkenne die Grenze nicht. Ich weiß nicht, wann ich mutig bin und wann nuttig. Ich weiß nicht, wie weit ich für wen gehe.
Aber ich schieb's auf meinen Vater. "Papa", du hättest da sein sollen und mir beibringen sollen, dass ich etwas wert bin. Dass ich nicht minderwertig bin. Dass es nicht mein Weltbild erschüttern muss, wenn man mich für etwas lobt. Aber jedes Mal, wenn ich für etwas gelobt werde, bringt mich das aus dem Konzept. Weil das nicht richtig erscheint. Ich kann nicht schön sein. Sonst hättest du mir das doch beigebracht, oder? Du hättest mich doch wissen lassen, dass ich schön bin und dass ich wert bin. Aber du hast mir das nicht beigebracht. Und deshalb kann's auch nicht stimmen. Die anderen mit ihren Komplimenten müssen sich irren. Oder sie wollen mich verarschen, die Ficker, sowas gemeines.
Ich bin mir sicher, dass mein Vater nicht absichtlich so ein Vollidiot ist. Da kann er (fast) nichts für. Er dachte halt, einmal abspritzen und der Rest ergibt sich von allein. Tja, das war leider ein Irrtum.
Aber auch das lehrt. "Papa", dank dir weiß ich, dass Männer, alle, bis auf die wenigen wertvollen Ausnahmen, schwach sind und unzuverlässig. Dass sie nicht nachdenken über das, was sie tun. Dass sie egoistisch sind und frau am besten lesbisch sein sollte, weil Männer Menschen zweiter Klasse sind, mit denen man nur Ärger hat. Danke, "Papa". Was würde ich nur ohne dieses Wissen tun.
(Vielleicht beziehungsfähig sein, zum Beispiel.)
Und irgendwann erzähl ich euch noch, dass ich nicht nur den Unterschied zwischen "nuttig - mutig" nicht genau weiß, sondern auch mit dem Unterschied zwischen "ich liebe jemanden, weil er toll ist" und "ich liebe jemanden, weil er mich toll findet" Schwierigkeiten habe.