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2012-03-08

Wenn

Wenn ich groß bin,


werde ich es schaffen nicht mehr wehmütig an meinen Vater zu denken, wenn ich Musik höre, die er auch mag. Ich werde dann einfach kurz denken "oh, Dire Straits, eine von Papas Lieblingsbands" und das war's. Keine Tränen, nicht mal weggezwinkerte, keine Gesichtsmuskeln, die mir nicht gehorchen und rumzucken, kein eingeklemmtes Gefühl im Bauch, kein Kloß im Hals. Nur ein kurzes Zurkenntnisnehmen. Nicht abgestumpft, aber auch nicht mehr schmerzhaft.


Und bis dahin freue ich mich, dass ich immerhin schon groß genug bin, mir meine Traurigkeit ein- und zuzugestehen, ohne sie bitter wegzurempeln oder in Wut zu verwandeln. Ja, ich hab alle Lieder von Diana Krall gelöscht, ohne sie anzuhören. Ja, nur weil sie seine LIeblingssängerin ist. Und das ist völlig okay.

2011-12-21

Diese Scheiße mit den Bindungstypen raubt mir den letzten Nerv.

"Ich konnte die Hausaufgabe leider nicht machen, weil ich von dem zu bearbeitenden Text zu sehr weinen musste." Harrrharrrharrr.


"Je nach Interaktion zwischen Bindungsperson und Kind können verschiedene Hauptbindungsmuster entstehen. Jedes dieser Muster stellt eine an die Lebensbedingungen angepasste Verhaltensstrategie des Kindes und keine Bindungsstörung dar." Na dann.


"Das sicher gebundene Kind kann seine Gefühle zeigen (…).
Kinder, die ihre Gefühle in Stresssituationen nicht offen ausdrücken (…) werden dem unsicher-vermeidenden Bindungsmuster zugeordnet. Ihre Bindungspersonen sind häufig nicht sehr feinfühlig und stehen demnach auch nicht als sichere Basis zu Verfügung. Die Kinder entwickeln eine Vermeidungsstrategie: Sie suchen die Nähe ihrer Bindungsperson gar nicht erst, da sie von ihr keine Auflösung ihrer negativen Gefühle erwarten. Die unbewussten Arbeitsmodelle unsicher-vermeidend gebundener Kinder bilden die Bindungsperson als nicht unterstützend und sich selbst als zurückgewiesen ab. Auf diese Weise entwickeln sie ein eher negatives Selbstbild, unterdrücken ihre Gefühle und kontrollieren sich in hohem Maße selbst. Diese Kinder wirken oft besonders selbstständig und unbelastet. Jüngere Studien haben jedoch gezeigt, dass sie in den ersten Tagen in einer Einrichtung mindestens eben so stark unter Stress stehen wie sicher gebundene Kinder."


"Inneres Arbeitsmodell des Kindes beim unsicher-vermeidenden Bindungstypen:
- Andere Menschen sind unerreichbar und abweisend.
- Ich muss mich schützen.
- Wenn ich meine Bedürfnisse verleugne, werde ich nicht zurückgewiesen.
- Wenn ich mich um andere kümmere und meine eigenen Bedürfnisse verleugne, werde ich geliebt."


Pädagogische Texte lesen und in den Beschreibungen des kindlichen Verhaltens des eigenen, inzwischen 20-jährigen Ichs wiederfinden, immer wieder. Die ganzen Macken und Mechanismen, die ich für mich teilweise erst lerne, zu benennen und zu formulieren, einfach so auf Papier, als trockene Beschreibung, einfach so. Bums. Deal with it.


Ich möchte das nicht.


Vorhin dachte ich mir: "Hey, hätte ich nicht schon vor knapp nem Jahr die Therapie angefangen, hätte ich wahrscheinlich schon keine Lust mehr auf diese ganze Scheiße und die pädagogische Ausbildung einfach abgebrochen." Ha. Wahrscheinlich trotzdem nicht, aber der Unterschied wäre gravierend.


"Ja, das mit der Hausaufgabe hab ich nicht hinbekommen, ich hab's leider nur noch geschafft, meine Gefühle in einen Blogtext zu packen. Ha!"

2011-10-25

Al(p? b?)träume

Meine Mutter und meine Schwestern sind kürzlich umgezogen und wie es scheint, habe ich das in einem Traum verarbeitet, den ich heute Nacht/ Morgen/ Mittag, also während einer dieser Tageszeiten, die ich verschlief, träumte. Seltsam an diesem Traum war, dass meine Mutter aus dem Haus auszog, in dem mein Vater wohnt, aus dem wir (Mutter, Schwestern, ich) aber schon vor drei Jahren ausgezogen sind. Wie auch immer, ich war also da, in dem Haus, in dem ich 14 Jahre lang gewohnt und das ich seit drei Jahren nicht mehr (aus der Nähe) gesehen, geschweige denn betreten habe, und lief ein bisschen rum und guckte ein bisschen Sachen an und fragte meine Mutter, ob ich Sachen haben könnte, zum Beispiel dieses Räuchermännchen, das sie nie richtig leiden konnte und so weiter. Und hin und wieder habe ich auch meinen Vater und seine Eltern (also meine Großeltern, mein Therapeut wunderte sich neulich schon darüber, dass ich sie so nenne) gesehen. Und dann plötzlich habe ich angefangen zu weinen, im Traum, und nicht ganz so heftig wohl auch in der Realität, schlafend, weil es so weh tat, dass sich das nie ändern wird. Dass mein Vater nie zur Besinnung kommen wird, dass er meine Realität nie verstehen geschweige denn akzeptieren wird. Dass er mir nie ein Vater sein wird und dass dieses Paradoxon - ich habe einen Vater, aber er ist (von seinem Verhalten her) kein Vater - immer da sein wird. Auch wenn es irgendwann hoffentlich nicht mehr (so sehr) weh tun wird.


Das tat mir in meinem Traum weh, und ich weinte. Und davon wachte ich auf.


Und nach dem Aufwachen, als ich natürlich nicht sofort an anderes dachte, sondern mich gedanklich mit meinem Traum beschäftigte, fiel mir etwas auf:
Früher handelten meine Albträume (ich schreibs jetzt einfach mal mit b) von Monstern, die mich verfolgten, oder davon, dass meiner Familie oder einem anderen mir wichtigen Menschen etwas zugestoßen war, oder vom Weltuntergang. Das waren die Träume, nach denen ich nicht mehr einschlafen wollte.
Heute kommen in meinem Albträumen häufig mein Vater und meine Großeltern väterlicherseits vor. Beziehungsweise, wenn diese Menschen darin vorkommen, ist es so gut wie immer ein Albtraum, aufgrund der darin enthaltenen Gefühle, Atmosphären etc. Das sind heute die Träume, nach denen ich nicht mehr schlafen will.


Und verdammt, das hat mich traurig gemacht. Träume, die Albträume werden, weil der eigene Vater (!) darin vorkommt. Was zur Hölle?


"I don't always have nightmares, but when I do, I dream about my dad and my grandparents."


Haha, die eigene Emotionsmistlebensscheiße erstmal in ein Meme verwursten, dann ist das mit dem drüber lachen auch wieder einfacher. Dann nur aufpassen, dass man nicht doch wieder anfängt zu weinen, lachen und weinen ist ja durchaus nahe beieinander.

2011-09-26

Was machen Sie anders als Ihre Eltern?

ich denke mehr nach. ich reflektiere mehr. ich bin, lebe, fühle, handle bewusster. ich weiß vielleicht nicht ganz, wer ich bin und vielleicht werde ich das auch nie ganz sein, aber ich weiß schon viel über mich und es wird mehr und ich bin auf einem guten weg. und das jetzt schon, nicht erst mit 40.

jedenfalls habe ich das alles vor. und es sich bewusst zu machen und sich vorzunehmen und los zu gehen ist ein guter anfang, ja?

ich will nicht die gleichen fehler machen. ich will da sein.

Get naked. Ask questions.

2011-08-30

Fast alles, nein, eigentlich alles-alles, was du geschrieben hast, trifft ebenso auf meinen Vater zu... Väter sind scheiße. Das ist jetzt zwar keine Frage, aber... es tut mir leid für uns.

schon irgendwie.

und was auch tragisch ist: es stimmt gar nicht. väter sind nicht scheiße. es gibt gute väter und ich sehe sie immer wieder und auch nach jahren lässt mich das immer wieder mit offenem mund da stehen und staunen, wenn ich sehe, was für gute väter manche männer sind. es ist nur nie meiner. nie mein vater. nein, ausgerechnet meiner muss ein versagerexemplar par excellence (wie auch immer das geschrieben wird) sein und das stört mich wirklich sehr, das kotzt mich an. das führt dazu, dass ich sogar auf fremde, offensichtlich awesome seiende väter mit kind im tragetuch im bus sauer sein kann. "du bist ein toller vater, aber nicht meiner. folglich bist du scheiße. geh weg." irrationaler kackmist.

Get naked. Ask questions.

2011-08-25

Was hat dein Vater getan, dass du ihn so konsequent für so viele deiner Probleme verantwortlich machst?

ich mache inzwischen nicht mehr nur ihn dafür verantwortlich. ich weiß auch nicht, ob ich "verantwortlich machen" als richtigen begriff empfinde. eher nicht, mir fällt aber noch kein richtiger ersatz ein.
und er hat auch nicht wirklich schlimme dinge getan, bei denen man betroffen schweigt und nicht weiß was man sagen soll.

aber er war kein guter vater. er war ein desinteressierter vater, bei dem seine eigenen interessen und bedürfnisse immer vor denen aller anderen kommen. eine befreundete ärztin hat da mal eine narzisstische persönlichkeitsstörung vermutet, aber das ist nie irgendwie psychologisch festgestellt worden.

ich habe viele lustige erinnerungen an meine kindheit, die mit meinem vater verbunden sind. wir haben rumgealbert, witze gemacht, uns immer gut verstanden, schon als ich sehr klein war. ich war seine lieblingstochter. wir haben beide ein großes allgemeinwissen, man hatte eine intellektuelle ebene, das war nett.

aber: man wird älter und man schnallt mehr und man sieht dinge, die man vorher nicht gesehen hat. und was ich irgendwann sah, war, wie dumm mein vater teilweise ist. nicht dumm, was intelligenz angeht. sondern dumm, was wirkliches nachdenken angeht. wie dumm er handelte. wie dumm er diskutierte. dass meine meinung an seine sowieso nie heranreichen konnte, weil seine meinung die wahrheit war und nichts als die wahrheit.
mein vater sieht bis heute nicht, dass ich eine person bin, die eine eigene meinung hat und eigenständig denken kann. er liebt mich zwar, aber auf eine art, mit der ich nichts anfangen kann, weil diese liebe aus meiner sicht - genau so wie er und seine wahrnehmung der realität - krank ist. wenn jemand mich liebt, mich aber nicht als person wahrnimmt - sorry, das finde ich scheiße.

hinzu kommt, dass mein vater einfach nie da war und meine mutter mehr oder weniger fünf kinder alleine groß gezogen hat, was stressig und anstrengend war und sie an den rand ihrer kräfte gebracht hat, was auch für uns kinder auswirkungen hatte. er hat sich nicht darum gekümmert, einen job zu bekommen und geld zu verdienen, für seine große familie. das wenige geld, das wir hatten, ging eher für ihn drauf als für die ganze familie. man hätte damit wirtschaften können, aber weil er das nicht konnte, war das geld immer knapp, man konnte sich vieles schlichtweg nicht leisten.

der ganze scheiß in der ehe meiner eltern, der sich natürlich auch auf uns als ganze familie auswirkte, lässt sich zu großen teilen oder sogar insgesamt darauf zurückführen, dass mein vater nie erwachsen geworden ist. nie wirklich verantwortung übernommen hat. immer in erster linie für sich sorgt. und dann für sich. und dann für sich. dann für sich selbst, dann für sich, und irgendwo ganz am ende der schlange stehen dann vielleicht auch mal die anderen.

mein vater war und ist immer noch ein schlechter vater, weil er schlicht und ergreifend keiner war und ist. ich habe einen vater und habe keinen vater. das ist scheiße.

2011-06-25

Noch so ein Blogpost, den ich meinem Vater vielleicht einfach als Mail schicken sollte.

Mein Vater mochte Electric Lights Orchestra, weshalb wir es auf Kassette (!) im Auto hatten und viel hörten. Und gerade wird mir klar, dass ich Electric Light Orchestra mit meinem Vater verbinde und das überhaupt nicht weh tut oder negativ ist. Das ist nett. Diese Dinge zu finden, die nicht weh tun.
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Du singst "everybody's gotta learn sometimes" und dann denkst du an deinen Vater und findest "nein, nicht unbedingt. Vielleicht." Redete neulich mit Schwester Nr.1 über Vater und sie erzählte, dass sie sich noch erinnern kann, wie ich mich früher schon darauf freute, … … mich als Erwachsene immer noch gut mit meinem Vater zu verstehen und eine tolle Vater-Tochter-Beziehung zu haben. Und ich weiß auch noch, wie ich mich darauf freute, mit meinen Kindern dann ihren Opa zu besuchen. Und ich hoffte, dass er nicht vorher an … Lungenkrebs sterben würde. Jetzt denke ich, dass meine Kinder ihren Opa nur kennenlernen werden, damit ich kein zu schlechtes Gewissen habe.
Irgendwann rufe ich ihn an und erzähle ihm, was für ein blöder Versager er ist. Was für ein Idiot. Irgendwann kann ich das.
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Erst die positiven Gedanken.

Es ist nett, wenn mich etwas an meinen Vater erinnert, ohne das "dieser verdammte Idiot" und diese ganze Wut gleich wieder hochkommt. Gerade bei Sachen aus meiner frühen Kindheit geht das. Musik, die wir begeistert gehört haben. Witze, Geschichten, Späße. Dass sein Bart gekratzt hat beim Kuscheln. Ich kann zurückblicken und weiß, dass er auch damals nicht unbedingt ein guter Vater war, wahrscheinlich eigentlich keine Ahnung hatte, was er tut. Bestimmt ist er auch damals schon Auto gefahren, obwohl er viel zu müde war und ständig kurz vorm Einschlafen war. Und er hat auch damals schon nur das gemacht, wozu er Lust hatte. Aber zu diesen Gedanken kommen keine negativen Gefühle, keine Wut. Hauptsächlich ist da mein kindliches "Papa ist lustig! Und toll!"

Und dann kommt das, wo ich älter war. Und sein Bild anfängt zu bröckeln. So etwas wie "irgendwann werd ich erwachsen sein und mich auch als Erwachsene toll mit meinem Vater verstehen und das wird schön sein" - da müsste ich 8 Jahre, vielleicht etwas jünger, vielleicht etwas älter gewesen sein. Mit 13 Jahren fing dann ja schon das ganze Verstehen und Wissen an. Dass Mama es als Fehler betrachtete, ihn geheiratet zu haben. Dass es die Ehe meiner Eltern noch beschissener war, als ich es ohnehin schon mitgekriegt hatte, und dass das zu großen Teilen sein Verdienst war. Und bei diesen Erinnerungen kommt dann die Wut. Weil die damals auch schon da war und meine heutige Wut der Wut von damals nur die Hand reichen muss. Und dann ist "Papa" auf einmal nicht mehr lustig und toll. Dann bin ich wütend. Weil er beim Gute-Nacht-Geschichten erzählen einschlief. Weil er lieber am Computer saß, als mit uns einen Film zu gucken, zum Beispiel. Weil er es allen Ernstes wagte, uns zu sagen, wir sollten unser Zimmer aufräumen (Schwester Nr.1 irgendwann: "Räum du doch erstmal deins auf.") oder uns nicht so von der Familie abkapseln ("Maria, iss doch auch mal mit uns Abendbrot." "Mal? Du bist doch derjenige, der nie dabei ist, wenn wir essen!"). Weil er nicht diskutieren konnte und seine Meinung immer der Weisheit letzter Schluss war. Weil er unsensibel war. Weil er Musik kritisierte, die ich gerne hörte. Weil er sich über meine Meerschweinchen lustig machte. Weil er hin und wieder glaubte, er hätte Autorität - Himmel, wie das nervte. Weil wir bei nächtlichen Autobahnfahrten neben ihm saßen und seine Augen überwachten und aufpassten, dass er nicht zu langsam blinzelte beziehungsweise sogar einschlief. Weil ihm meine Sorge wegen seines Rauchens egal war, als ich 6 Jahre alt war, als ich 11 Jahre alt war und weinte ("Maria hat geheult wie ein Schlosshund!"), und als er Diabetes bekam, was in Kombination mit Nikotinkonsum eine großartige Chance auf einen Schlaganfall ergibt.

Hallo "Papa".

Ich möchte so gerne, dass du aus deiner kranken Welt rauskommst. Und gesund wirst, und erkennst, was du verändern musst, damit du der werden und sein kannst, der du schon längst sein solltest. Und ich hoffe das, weil ich mir für dich wünsche, dass du mit deinem Leben klar kommst und glücklicher wirst, als du es jetzt bist und weil ich gerne hätte, dass wir zumindest miteinander klarkommen können, wenn du mir auch nicht mehr der Vater sein kannst, der du mir hättest sein sollen.

Und ich hoffe, dass du endlich verstehst, damit du siehst, wie sehr du verkackt hast. Damit du fühlst, wie scheiße es mir ging und geht und auch immer wieder gehen wird. Ich hoffe, dass dir die Erkenntnis deines Versagens so weh tut, dass du halb wahnsinnig wirst, so wie ich, wenn ich meinen Kopf gegen den Boden schlage, weil das das einzige ist, was ein kleines Gefühl von Erleichterung schafft und weil ich mich für Sekundenbruchteile ganz und ungeteilt fühle. Ich will, dass du stundenlang weinst, weil es dir so leid tut, deinen Kindern das angetan zu haben. Und weil du endlich verstehst, dass wir gute Gründe haben, uns eine nach der anderen von dir abzuwenden, und dass du für diese Gründe gesorgt hast.

Ja, ich will, dass du verstehst, einfach nur, damit dir das alles richtig scheiße weh tun kann. Gleiches Recht für alle.

Und ja, irgendwann werde ich diese Wut gehen lassen (müssen). Aber jetzt noch nicht.

2011-06-22

"dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch."

Ein Text, den ich vor längerer Zeit geschrieben habe. Stark gekürzt und mehr oder weniger "entpersönlicht". Eigentlich nur hier, weil ich sprachlich manches davon sehr mag. In drei Teile aufgeteilt, weil ich irgendwann versuchte, es nach verschiedenen Aspekten zu sortieren.


Der ganze Text, ohne Klammern und in der Ursprungsreihenfolge, ist mir zu privat für hier. Das kann ich nicht. (Und ja, ich als bekennende Menstruationstwittererin kann auch kaum glauben, dass ich das schreibe.)


(Nett, wie vieles ich heute nicht mehr so sehe. Obwohl ich mir in dem Moment sehr, sehr sicher war.)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (I) 

"Würdest du mich einfach so mögen, wäre da ja nichts, was ich erreichen und auf was ich stolz sein kann. Das wäre ja viel zu einfach! Das wäre ja, als würde der eigene Vater einen liebhaben, obwohl man gar nichts dafür getan hat!" (...)

"Wenn mir einfach so Interesse entgegen gebracht wird, muss ich ja nichts leisten."(...)

"Sollte da irgendein Unterschied in der Sympathiemenge vorhanden sein, dann nur, weil ich das so will. Und es so einrichte. Blöderweise. Weil irgendetwas in mir zu glauben scheint, dass das so muss. Der andere kann mich nicht einfach so toll finden wie ich bin. Das kann nicht stimmen. Da muss eine Diskrepanz her. (...) Weil ich nunmal ich bin. Und andere nicht. Und ich war bisher mickrig und deshalb ist es nur logisch, dass ich auch mickrig bleibe. Es kann ja wohl kaum sein, dass ich nicht mickrig bin, sondern mich nur so fühle. Nein, das stützt sich schon auf Erfahrungen, einschlägige. Ich bin so vieles nicht wert, weil das so istDas war schon immer so. Kein Fehler in der Matrix." (...)

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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (II) 

(...)"Ich sehe am Tag mindestens zwei Menschen, in deren Lächeln ich mich auf der Stelle verlieben könnte. Und mindestens genau so viele Augen, die genau die richtigen Blicke haben. Und mindestens genau so viele Hände, die mich schlichtweg verzaubern, in den simpelsten Momenten. DU BIST ERSETZBAR. Du bist nur einer von vielen, deren Aufmerksamkeit ich möchte, weil ich da irgendein nimmersattes schwarzes Defizitloch in mir habe. Und es läuft rum und sagt "Hunger" und ich esse und esse und am Montag gibt es einen Apfel und am Dienstag zwei Pflaumen und am Samstag Eiscreme und Kuchen und Pizza und Gummibärchen, aber das nimmersatte Defizit ist immer noch nicht satt. Und dann gibt es Menschen. 'Guck mal der, der ist schön. Und der. Und der. Und wenn der da mich schön, toll, bemerkenswert in irgendeiner Form finden könnte, wäre ich glücklich. Aber es kann auch der sein. Oder der.'

Weil ihr alle egal seid. Es geht um mich, ausschließlich."
 (...)

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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (III) 

"Würdest du mich einfach so mögen, wäre da ja nichts, was ich erreichen und auf was ich stolz sein kann. Das wäre ja viel zu einfach! Das wäre ja, als würde der eigene Vater einen liebhaben, obwohl man gar nichts dafür getan hat!" (...)
"Ja. Letztlich alles, was mein Vater
[Anmerkung: Inzwischen schiebe ich das nicht mehr nur auf ihn, sondern auch auf andere.] an mir verbocken konnte. Da kommt das kleine Mädchen her, das so unbedingt geliebt werden muss für all die tollen Sachen, die es hinkriegt. Immer auf der Suche, nach Anerkennung, nach Liebe, Bewunderung - nicht aus Oberflächlichkeit, sondern aus einem ganz grundsätzlichen Bedürfnis heraus. Die Suche ist das einzig Bekannte. Und wenn dann jemand versucht, das zu erfüllen, das Gesuchte zu sein, wenn da jemand passt, weil er das Gesuchte ist - das geht nicht. Dann ist das einzige, was man kennt, weg. Die Suche. Die Suche ist schon so lange da, die kann nicht einfach weg sein. Alle anderen sind erst später dazu gekommen, die dürfen die Suche nicht verdrängen. Und wenn sie das tun, entscheidet man sich halt und dann natürlich für das, was einem vertraut ist. Suchen. Immer weiter. An allen überhaupt möglichen Zielen vorbei, weil der Weg das Ziel ist und die Suche der Schatz, der einem immer einen Regenbogen voraus ist."

2011-04-25

Antriebslosigk.

Wenn man im Laufe des Tages aufwacht, zu sich kommt, das erste Mal richtig, obwohl man schon ein paar Mal an diesem Tag aufgewacht ist.
Und erstmal scheint alles normal. Noch ein bisschen schläfrig, fühlt sich an wie müde, ist es aber nicht, weil du ja lange genug geschlafen hast. Das ist okay, dass man nicht sofort topfit ist und erstmal ein bisschen braucht, um sich zu berappeln.

Also erstmal wieder ins Bett setzen. Mit Laptop, damit man zumindest schonmal Internetdinge angucken kann, das ist ja eigentlich ganz lustig und im Laufe der Zeit wird man dann auch dahin kommen, dass man jetzt gerne mal was essen möchte und dafür aufstehen muss und überhaupt noch Dinge erledigt müssen und überhaupt.

Und erst, wenn dann die erste Stunde oder auch ein paar weitere Stunden vorbeigegangen sind und du merkst, wie du immer öfter statt auf den Bildschirm aus dem Fenster guckst und irgendwelchen Gedankengirlanden folgst. Erst dann nervt es eigentlich. Das Nichtstun. Und du weißt ganz genau, dass noch Dinge anstehen. Dass du jetzt die Zeit und eigentlich auch die Energie hast, sie zu tun. Aber du weißt auch genau so gut, dass du sie nicht tun wirst. Das ist schon seit Jahren so. Du tust die Dinge nicht, wenn die Zeit dazu mal da ist. Und jetzt greifst du nicht mal zu einem Buch, um dich abzulenken, du liest keinen Blog, weil sogar das zu anstrengend ist. Alles, was geht, ist die Gedankengirlanden weiter zu verfolgen, bis sie zu Gedankengedärmen werden, die an irgendwelchen unsichtbaren Haken aufgehängt sind und ekelhaft glitschig aussehen und dann irgendwann werden sie zu Schlangen, die dich böse anfunkeln und dann hast du wirklich keine Lust mehr das ganze weiterzufolgen, aber aufstehen und das zimmer aufräumen oder die wohnung saugen wäre so anstrengend, selbst wenn gute musik dazu laufen würde, selbst aufstehen an sich wäre viel zu anstrengend, auf dem bett liegen und sich zusammenrollen und weiterweiterweiter denken tut mehr weh, ist aber auch so unendlich viel leichter, also machst du das natürlich, der weg des geringsten widerstands, kapitulation in embryonalhaltung und hey, du hast auch ganz schön lange nicht mehr geweint, das ist okay, halt deine quote, mach ruhig, alles andere würde dich ja jetzt auch bloß ablenken und das stört doch und vermisst du nicht auch die dinge an die du schon so lange nicht mehr gedacht hast und über die du schon so lange nicht mehr geweint hast also nur ein bisschen nicht mehr so richtig und deshalb darf es jetzt auch mal wieder weh tun und du darfst die worte sagen die weh tun mach ruhig sag schon ich vermisse mama und ich vermisse papa und ich will nicht vermissen und ich will nicht die worte sagen die weh tun aber machs einfach alles andere wäre jetzt wirklich viel zu schwierig und hey wenns weh tut ist es gut und dan wird es irgendwann nicht mehr weh tun also los, kapitulation in embryonalhaltung und einfach nur hoffen, dass dieser Tag vorbeigeht und du bitte, bitte, bitte bald wieder schlafen gehen kannst.

2011-02-09

Dieses und das, solches und jenes

Natürlich machte ich mir auch heute wieder so meine Gedanken, wie ich das so mache an jedem Tag, ich fahre ja auch viel Bus.

Und wozu machte ich mir heute Gedanken? Selbstbewusstsein. Keine Angst haben, sich sicher fühlen. Stark sein, auch innen drin. Mit den genannten Sachen hab ich's ja nicht so.

Heute sagte mir eine Person, von der ich das eigentlich nicht gedacht hatte, dass sie sich ständig hinterfragt (okay, das dachte ich eigentlich schon) und keinerlei Selbstbewusstsein habe (das dachte ich nicht. Weshalb es mich dann auch überraschte.). Besagte Person ist älter als ich, und in einem Alter, in dem man sich selbst sicher ist, ganz automatisch, weil man den ganzen Zirkus schon lange mitmacht und einfach mit den Jahre entspannter geworden ist - dachte ich.


Dachte ich wirklich. Und insofern war ich ... ein bisschen enttäuscht. "Wie, mit zunehmendem Alter werde ich nicht einfach cool und gelassen werden?" Nein, Maria. Leider nicht. Auch richtige Erwachsene sind unsicher, sie kommen nur gelassener rüber.


Och Scheiße.


Dieses Geschehen führte jedenfalls dazu, dass ich im Bus saß und rumdachte. Und Erkenntnisse hatte, manche davon habe ich hin und wieder und sollte sie DRINGEND mehr verinnerlichen, manche waren neu. Einfach mal unsortiert hingespuckt:


Aha: Man wird mit zunehmendem Alter nicht automatisch gelassener. Man gewöhnt sich vielleicht nur mehr an die Ängste und Unsicherheiten, sowie man sich an alles im Leben gewöhnt und es irgendwann akzeptiert.


Die anderen haben auch alle Angst. Manche mehr, manche weniger - aber alle haben Angst. Stimmts? Ich vergesse das immer und immer wieder und glaube jedesmal, ich wäre alleine. Mit meiner Verzagtheit. Die man mir vermutlich oft genug nichtmal anmerkt, genauso wie ich den anderen ihre Ängste auch nicht anmerke.


Selbstbewusstsein ist nicht die Abwesenheit von Minderwertigkeitskomplexen. Es ist eher eine "ich lasse mich nicht (zu sehr) von den Gedanken an das, was andere von mir denken könnten, beeinflussen"-Haltung. Und ich bin neidisch, weil mir diese Haltung so schwer fällt und ich mich immer wieder daran erinnern muss, dass in meinem Kopf vor allen anderen MEINE Gedanken wichtig sein sollten. Nicht meine Vermutungen, was andere von mir halten, in mir sehen könnten.


Mein Vater hätte mir kein Selbstbewusstsein im Sinne von "ich bin schön" geben müssen. "Scher dich einfach mal nen Dreck drum, was die anderen denken könnten" hätte gereicht.


Es fällt mir so schwer, mich einfach mal nicht drum zu scheren.


Und das nervt mich. Ich hab nur leider noch nicht rausgefunden, was ich effektiv gegen mein Mitbedenken fremder Gedanken tun kann. Ich werde mal meinen Therapeuten danach fragen.


Oder ist das vielleicht n typisches Pubertätsproblem? Diese Unsicherheit mit sich selbst?


Ich muss mich sogar an so etwas simples erinnern: Du bist noch nicht erwachsen, Maria. Gib dir Zeit.
Ja, sollte ich mal versuchen. Ich bin erst 19, ich bin eigentlich noch ein Teenager. Aber man fühlt sich halt im eigenen Denken schon seit Jahren so erwachsen und reif. Das körperliche und auch das psychische hinken da aber eigentlich hinterher. So ein Mist.


hierwäreneigentlich62Unterstrichehierwäreneigentlich62Unterstrichehierwäreneigentlich62Unterstriche_


Ja, das mal als kleinen Überblick, was mir heute so im Kopf rumspukt.


Sometimes I wish i had a smaller ass so that I could go swimming without feeling like a whale.

2011-02-07

Gestern war Sonntag, heute ist Montag. Auch wenn sich das erst in 6 Stunden so anfühlen wird.

Eine kleine Sache, die ich hierlassen will.


Gestern (also Sonntag) habe ich laaange geschlafen, wie ich das so tue, wenn Wochenende ist und ich erst um 8 Uhr morgens ins Bett finde. "Laaange" heißt in diesem Fall "bis in den späten Nachmittag".


Irgendwann im Laufe des Tages also, zwischen all den Halb- und Ganzschlafphasen, zwischen all dem anstrengenden "jetzt könnte ich mal aufstehen" und "nein, ich dreh mich erst nochmal rum", zwischen Träumen, und Dingen, die wirklich passieren, passierte diese seltsame Sache.


Ich träumte. Ich träume generell viel, durcheinander und lebhaft und an vieles kann ich mich hinterher noch erinnern. In diesem Traum stand ich irgendwann neben einem jungen Baum und vor einem weißen Auto. Und weil irgendwann in dem Traum mein Vater vorgekommen war, dachte ich an meinen Vater.


Das ist nicht so seltsam. Ich sehe meinen Vater im Traum wesentlich häufiger als in der Realität. (Und das so geschrieben zu sehen, fühlt sich... ein bisschen schauernd an.)


Ich dachte also in dem Traum an meinen Vater. Und daran, wie er ... so vieles verkehrt gemacht hat. Und jetzt vor den Scherben steht. Alles irgendwie kaputt ist, nicht mehr so wie vorher. Die Welt anders, und er versteht nicht, warum.


Ich hab in diesem Traum etwas gefühlt, was ich mir in der Realität verbiete: Seinen Schmerz. Die Verwirrung des kleinen Jungen, der er irgendwann mal war und eigentlich ist, das Unverständnis darüber, dass die Familie einen verlassen hat, der Ärger und die Wut darüber, dass man Jobs verloren hat und Erwartungen enttäuscht hat und die eigenen Erwartungen an sich selbst sich nie erfüllt haben oder vielleicht nichtmal so real da waren, wie sie es hätten sein sollen und müssen. Dieser ganze Schmerz darüber, dass man nicht der Erwachsene geworden ist, der man mal sein wollte.


In dem Traum hab ich wirklich den kleinen Jungen gesehen, mit Ärger und Unverständnis im Gesicht.


Und dann bin ich aufgewacht, weil ich geweint habe und weil, während ich träumte, in meinem Kopf, verspätet, aber doch, diese Warnung endlich aufblinkte: "Hör auf! VORSICHT, SCHMERZ!" Diese Warnung, die in der Realität schneller kommt, als ich bewusst wahrnehmen kann. Und sogar im Traum da ist.


Die rote Signalfarbe. Die vielen Signalworte, -gefühle, -gedanken. "Lass das in Ruhe. Du wirst dir weh tun, mehr als du musst." Okay, ich lass die Finger davon.


Weil das so eine ... seltsame Begebenheit war, lass ich es hier.

2011-01-30

"Papa"

In dem vorherigen Post habe ich so oft "Papa" geschrieben, dass mir schlecht wird. Bei jedem "Papa" dreht sich der Magen noch ein bisschen weiter.

Ich hasse das. Dass ich dieses Wort nicht mehr einfach so denken oder fühlen oder sagen kann. Das ist ein Wort, das immer normal war. Ich bin damit aufgewachsen. Er war immer "Papa", nie "Vater".



Und jetzt passt mir das Wort nicht mehr und tut weh und mir wird schlecht, weil alles, was mit ihm zu tun hat, weh tut. Jetzt, wo er nicht mehr mein toller Papa ist. Sondern nur noch mein Vater, leider dumm und ohne Verständnis für irgendwas, was geschieht. Nur noch der Typ, der mich und meine Schwestern gezeugt hat und ansonsten so viel mehr vergeigt als richtig gemacht hat. Der Typ, der mir immer wichtiger war als ich ihm. Die erste und bislang längste unausgewogene Beziehung meines Lebens.


Ich hab nicht gewusst, dass ich irgendwann verstehen würde, warum Kinder ihre Eltern nicht mehr einfach nur lieben, sondern wütend sind und enttäuscht und verletzt.


Ich vermisse den Papa, den ich toll finden konnte und auf den ich nicht wütend war. Ich vermisse den Papa, von dem ich glaubte, dass er auch noch und erst recht toll sein würde, wenn ich erwachsen wäre. Ich vermisse den Papa, von dem ich glauben konnte, dass er mich lieb hat.


Wirklich. Du fehlst mir. Auch wenn es dich ja so nicht wirklich gab, sondern ich damals einfach nur noch nichts verstanden habe.

2011-01-29

Eine Klärung der daddy issues könnte auch die Frage klären, wo "mutig" aufhört und "nuttig" anfängt.

Erstmalig erkläre ich einen Tweet. Na dann, auf geht's.


Eine Klärung der daddy issues könnte auch die Frage klären, wo "mutig" aufhört und "nuttig" anfängt.


Soll folgendes sagen:


Ich, als sich irgendwie beschädigtes fühlendes daddy-issues-girl, darf mich gleichzeitig auch noch stolze Besitzerin ausgewachsener self-esteem-issues nennen. Minderwertigkeitskomplexe hooray.


Das war die Kurzfassung. Jetzt mal auseinandergenommen:
Warum schiebe ich das auf meinen Vater? Weil der die Aufgabe gehabt hätte, mich stark zu machen, mich zu bestätigen, mir Aufmerksamkeit und Lob für das zu geben, was ich leiste.
Verdammt, ich hatte in meinem Zimmer Gedichte auf meiner Tapete stehen, selbstgeschriebene Gedichte, mit Bleistift auf der verdammten Wand. Und der Idiot hat nicht einmal was dazu gesagt. Nicht ein einziges Mal. Er hat mir einen ganzen Sommer lang einen Kleiderschrank in mein Zimmer gebaut, war jeden Tag in meinem Zimmer mit den vollgeschriebenen Wänden. Und nicht ein einziges Mal ein "Hast du das alles selbst geschrieben? Find ich toll" oder auch nur ein stehenbleiben und aufmerksam lesen, was da steht. Kein einziges Mal.


Und so ging das ja nicht nur diesen Sommer. Sondern immer, mein ganzes Leben. Mein Vater hat mich nicht geschlagen oder missbraucht, aber er hielt es nicht für nötig, Interesse zu zeigen. Für keine von uns. Wie der erfahrene Küchenpsychologe weiß, ist der Vater für die Tochter das erste männliche Gegenüber. Klar. Mama liebt mich immer, ich war ja auch mal in ihrem Uterus und überhaupt, Mutter-Kind-Bindung-blah. Mein Vater hingegen hat mich nicht geboren oder gestillt oder was auch immer. In der Tierwelt fressen manche Väter ihre Jungen, daran muss ich immer denken. Mutterliebe erscheint mir irgendwie selbstverständlicher als Vaterliebe.


Also. Zurück zu dem, was ich sagen wollte. Ein Vater sollte seinem Kind Bestätigung geben. Für die Tochter heißt das, dass sie durch ihren Vater lernt, dass sie Wert hat. Sie, als Frau, hat Wert. Und dass ihr Wert gesehen, bemerkt wird. Wenn Papa sagt "du bist schön", braucht es ein bisschen mehr als nur einen dummen Jungen, um dem Mädchen was anderes zu erzählen. "Mein Papa findet mich schön. Ich bin schön. Und wer was anderes sagt, hat im Gegensatz zu meinem Papa keine Ahnung."


Aber wie ist das nun, wenn Papa nichts merkt. "Papa, ich war beim Friseur." "Papa, ich hab neue Klamotten an, guck mal." "Papa, ich hab ein Abendkleid an, guck mal." "Papa, ich kann tolle Gedichte schreiben. Es stehen auch welche an meiner Tapete, guck mal." "Papa, ich hab Akne, bin ich so schlimm hässlich, wie es sich anfühlt?"
Äh. Papa guckt auf seinen Computerbildschirm oder macht Mittagsschlaf und befindet es nicht für nötig, Interesse zu zeigen, einfach mal hinzugucken, wie es dem Kind geht, was es macht. Deswegen muss man ihm alle diese Sachen extra sagen. Wo andere Väter sagen, was für eine schöne, schlaue, tolle Tochter sie haben, muss ich meinen Vater erst darauf hinweisen, dass ich überhaupt da bin. Ansonsten ist der PC oder die Welt da draußen oder weiß der Geier was einfach interessanter.


Und was ist das jetzt mit "mutig oder nuttig"?
Das weiß ich halt nicht, ehrlich gesagt. Rede ich gerne über meine Brüste, weil ich tatsächlich finde, dass ich darüber reden darf und weil ich das auch will? Oder weil sich dann andere Menschen freuen und mich mögen? Andere Mädchen steigen mit jedem Typen ins Bett, weil sie hoffen, so Bestätigung zu bekommen, die Papa ihnen nicht gegeben hat. Nun, so schlimm ist es mit mir nicht, ich wäre für sowas auch viel zu unsicher, aber ich habe andere Aufmerksamkeitsbeschaffungsmaßnahmen. Und wenn ich über meine Brüste oder Mumu-Tweets twittere oder über meine Brüste rede oder weit ausgeschnittene Sachen trage oder kokettiere oder WAS ZUM KUCKUCK AUCH IMMER, dann weiß ich manchmal selbst nicht, was das eigentlich soll. Will ich das, weil ich das lustig finde und es mir Spaß macht? Mach ich das für mich? Das wäre mutig, in einer bestimmten Art und Weise, es wäre ein "ich mach was ich will, wie ich es will".
Oooooder... mach ich das, weil es die Möglichkeit bietet, dass andere mich mögen? Jeder mag Brüste. Wenn ich offenherzig (haha) mit meinen umgehe, wird das doch auch gemocht.


Aha.


Also, ich erkenne die Grenze nicht. Ich weiß nicht, wann ich mutig bin und wann nuttig. Ich weiß nicht, wie weit ich für wen gehe.


Aber ich schieb's auf meinen Vater. "Papa", du hättest da sein sollen und mir beibringen sollen, dass ich etwas wert bin. Dass ich nicht minderwertig bin. Dass es nicht mein Weltbild erschüttern muss, wenn man mich für etwas lobt. Aber jedes Mal, wenn ich für etwas gelobt werde, bringt mich das aus dem Konzept. Weil das nicht richtig erscheint. Ich kann nicht schön sein. Sonst hättest du mir das doch beigebracht, oder? Du hättest mich doch wissen lassen, dass ich schön bin und dass ich wert bin. Aber du hast mir das nicht beigebracht. Und deshalb kann's auch nicht stimmen. Die anderen mit ihren Komplimenten müssen sich irren. Oder sie wollen mich verarschen, die Ficker, sowas gemeines.


Ich bin mir sicher, dass mein Vater nicht absichtlich so ein Vollidiot ist. Da kann er (fast) nichts für. Er dachte halt, einmal abspritzen und der Rest ergibt sich von allein. Tja, das war leider ein Irrtum.


Aber auch das lehrt. "Papa", dank dir weiß ich, dass Männer, alle, bis auf die wenigen wertvollen Ausnahmen, schwach sind und unzuverlässig. Dass sie nicht nachdenken über das, was sie tun. Dass sie egoistisch sind und frau am besten lesbisch sein sollte, weil Männer Menschen zweiter Klasse sind, mit denen man nur Ärger hat. Danke, "Papa". Was würde ich nur ohne dieses Wissen tun.
(Vielleicht beziehungsfähig sein, zum Beispiel.)


Und irgendwann erzähl ich euch noch, dass ich nicht nur den Unterschied zwischen "nuttig - mutig" nicht genau weiß, sondern auch mit dem Unterschied zwischen "ich liebe jemanden, weil er toll ist" und "ich liebe jemanden, weil er mich toll findet" Schwierigkeiten habe.