Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Und dennoch scheine ich es nicht komisch zu finden, dass ich immer nur abwarte dass alles besser wird, alles endlich in Gang kommt, das Leben losgeht oder so.
"She ain't running / She's walking a little slow / And she ain't crying - she's just singing a little low" - Rickie Lee Jones
2011-12-31
Ich fühl mich ja ein bisschen schlecht, weil ich im Gegensatz zu euch und überhaupt allen an 2011 nicht wirklich was auszusetzen habe.
2011-12-28
Weil's zu Weihnachten passt, aber auch, weil ich es erst entdeckt hab: Das mit den Geschenken.
Also, das mit den Geschenken.
Etwas, das ich dieses Jahr für mich festgestellt habe: Ich bin kein Geschenkideen-Mensch und ich stelle in Zukunft auch nicht mehr den Anspruch an mich, einer zu sein oder mich zu bemühen und einer zu werden.
Kennt ihr diese Geschenkideen-Menschen? Die Leute, die dir sagen "ich hab ein Geschenk für dich, da wirst du dich freuen" und dann haben sie auch noch Recht und ja, vielleicht oder sogar wahrscheinlich ist es kein Geschenk, dass auf deinem Amazon-Wunschzettel stand, aber du denkst trotzdem "Cool! Nach sowas hatte ich ja in letzter Zeit geguckt!" und, jedenfalls, du freust dich, ehrlich, und sie hatten Recht? Meine beste Freundin ist so ein Mensch. Ihr fallen irgendwelche originellen Dinge ein und hinterher gibt es ein Geschenk, an dem ich wirklich Freude habe und das teilweise noch Jahre später Bedeutung für mich hat.
Ich bin nicht so ein Mensch. Und das hat mich bisher geärgert. Ich wollte so ein Mensch sein, eine/r, der auf Ideen kommt, eine/r, bei dem/der andere denken "der/die hat andere Menschen und ihre Wünsche so gut im Kopf, dass er/sie gute Geschenke machen kann". Ich hab gedacht, dass ich nicht so einer bin, lässt Leute denken, ich würde mir nicht Gedanken über sie machen und sie nicht gut kennen.
Aber: Dieses Jahr hab ich das anders gemacht. Dieses Jahr habe ich meine "Keine Vermutungen!"-Agenda ge…dingst, was man halt mit so ner Agenda so macht, starten vielleicht? Jedenfalls. Ich kann über einen Menschen und seine Persönlichkeit, Vorlieben, Bedürfnisse, Issues Bescheid wissen und trotzdem nicht den Inhalt seines Amazon - ach, screw Amazon, seines inneren Wunschzettels wissen. Und das ist nicht schlimm. Ich kann einfach fragen. Ich kann einfach fragen: "Was wünscht du dir? Was steht auf deinem inneren oder auch deinem Amazon-Wunschzettel? Und kann ich dir etwas davon schenken, etwas, das du dir wünscht und bislang noch nicht gekauft hast und über das du dich freuen würdest, eben weil du es dir wünscht?" Ich kann das einfach fragen und dann können Leute mir das sagen und dann muss ich mir keine Geschenkideen, die mir einfach nicht so leicht fallen wie anderen, aus den Rippen schnitzen und andere müssen nicht so tun, als würden sie sich über mein Geschenk freuen, wenn sie das nicht wirklich tun.
Und wer sich dann denkt: "Uh, Maria kann mir keine Überraschung machen, die kennt mich ja gar nicht richtig, die macht sich ja gar keine Gedanken, wer ich bin", also, für den tut's mir echt leid, der kann mir die Füße küssen und den Buckel runterrutschen, denn das stimmt nun wirklich nicht und das wird mir nicht gerecht und wer so eine Feststellung, ich würde mich nicht bemühen, an so einer blöden Sitte wie Geschenken festmacht, der kann auch gleich wegbleiben. SO ist das nämlich.
Fazit: Ich bin kein Geschenkideen-Mensch. Und wie bei vielen anderen Dingen, die ich nicht bin, ist das überhaupt nicht schlimm, denn wie bei diesen Dingen auch bin ich dafür etwas anderes, in diesem Fall ein nach-Möglichkeit-Wünsche-erfüll-Mensch. Andere Menschen können gerne Geschenkideen-Menschen sein, das ist völlig in Ordnung, wenn ihnen das liegt, aber ich bin keiner und das ist auch in Ordnung. Ich bin auch in Ordnung. So einfach ist das. Ich bin auch in Ordnung.
Bitteschön, ihr habt nicht gefragt, ich hab trotzdem erzählt und wenn jetzt jemand da sitzt und sich ärgert, auf das Lesen dieses Textes Zeit verschwendet zu haben, dann: Tata, ich habe gewonnen.
Mein innerer Idealist möchte aber noch unbedingt hinzufügen, dass er die Hoffnung hat, dass dieser Text irgendwem, der ihn liest, weiterhilft, sich selbst zu mögen und anzunehmen.
Der Umstand, dass mein innerer Idealist mich solche Sachen schreiben lässt, ist auch der Grund, warum er so tief in mir begraben ist und mehr auf die Fresse bekommt als andere meiner Anteile.
Vielen Dank für Ihre zu meinem Vergnügen strapazierte Aufmerksamkeit.
Der "Dinge, die ich bin"-Katalog. (Habe diesen Artikel seit fast einem Jahr nicht gepostet, obwohl schon ein Label dazu existiert. Hmpf.)
Also, ich bin:
Zustandsmensch. - Weil ich mich ganz leicht hineinfinde, aber nur schwer wieder hinaus. Ich gewöhne mich an eine Sache und natürlich weiß ich rational um die Unumstößlichkeit der Veränderung. Aber rein emotional rechne ich damit, dass sich diese Sache, dieser Zustand, die Situation, nie wieder ändert. (Das führte dazu, dass ich lange Zeit vor Reisen wahnsinnig angespannt war - als würde ich nie wieder zurück kommen. Inzwischen geht es.)
Also: ich vergesse, dass Dinge, die mir Angst machen, vorbeigehen werden und irgendwann alles besser werden wird. Aber ich vergesse auch, dass Dinge, die schön sind, Spaß machen, mit denen ich mich wohl fühle, nicht für ewig bleiben. Ich muss mir das immer wieder ins Gedächtnis rufen. Ich weiß nicht, ob das meine Eigenart ist oder ob das bei allen Menschen so ist - ich finde es jedenfalls etwas anstrengend. Und komisch. Sollten wir nicht wissen, dass jeder Tag eine eigene Kurzgeschichte ist? Sollte ich das nicht wissen?
Kommunikationsmensch - ich kann nicht gut mit Menschen, die nicht kommunizieren. Ja, ich überlege mir die ganze Zeit, was es mit wem macht, wenn ich was tue. Aber ich habe keine Lust, nach diesen Vermutungen und Gefühlen auch zu handeln. Und deshalb erwarte ich, dass mir gesagt wird, was Sache ist. Knobeln könnte ich, aber ich will es nicht. Weil ich das nicht für faire und gute Kommunikation halte.
Empathie oder Einfühlungsvermögen oder so ne Scheiße. - Kann ich gut, ja. Klingt scheiße und pathetisch, ist aber so. Ich kann mich super in andere hineinversetzen. Ich fange, wenn ich Filme alleine gucke, an den unsinnigsten Stellen an zu weinen (haha, was für ein originelles Beispiel, passt aber trotzdem, lass ich so, basta). Aber im realen Leben, mit realen Menschen gilt trotzdem: Ich habe - wie oben erwähnt - keine Möge zum Rätselraten. Und sowohl Empathie als auch Sympathie gehen mir flöten, wenn sie eingefordert werden.
Hinzu kommt, dass ich auch einfach wahnsinnig gehemmt bin und mir wahnsinnig nervtötend vorkomme, sobald ich auch nur minimal in die Privatsphäre, oder was ich als diese wahrzunehmen meine, anderer Menschen eindringe.
Ich bin nicht Florence Nightingale (keine Lust, rumzulaufen und Tränchen abzuwischen, möglichst bevor derjenige merkt, dass er/sie weint) und nicht Muhammad Ali (keine harten Bandagen, aber etwas weniger Angefasstheit wäre schön).
Ich bin eine eigene Person. - Samthandschuhe sind nicht meins, waren sie noch nie.
2011-12-21
Diese Scheiße mit den Bindungstypen raubt mir den letzten Nerv.
"Je nach Interaktion zwischen Bindungsperson und Kind können verschiedene Hauptbindungsmuster entstehen. Jedes dieser Muster stellt eine an die Lebensbedingungen angepasste Verhaltensstrategie des Kindes und keine Bindungsstörung dar." Na dann.
"Das sicher gebundene Kind kann seine Gefühle zeigen (…).
Kinder, die ihre Gefühle in Stresssituationen nicht offen ausdrücken (…) werden dem unsicher-vermeidenden Bindungsmuster zugeordnet. Ihre Bindungspersonen sind häufig nicht sehr feinfühlig und stehen demnach auch nicht als sichere Basis zu Verfügung. Die Kinder entwickeln eine Vermeidungsstrategie: Sie suchen die Nähe ihrer Bindungsperson gar nicht erst, da sie von ihr keine Auflösung ihrer negativen Gefühle erwarten. Die unbewussten Arbeitsmodelle unsicher-vermeidend gebundener Kinder bilden die Bindungsperson als nicht unterstützend und sich selbst als zurückgewiesen ab. Auf diese Weise entwickeln sie ein eher negatives Selbstbild, unterdrücken ihre Gefühle und kontrollieren sich in hohem Maße selbst. Diese Kinder wirken oft besonders selbstständig und unbelastet. Jüngere Studien haben jedoch gezeigt, dass sie in den ersten Tagen in einer Einrichtung mindestens eben so stark unter Stress stehen wie sicher gebundene Kinder."
"Inneres Arbeitsmodell des Kindes beim unsicher-vermeidenden Bindungstypen:
- Andere Menschen sind unerreichbar und abweisend.
- Ich muss mich schützen.
- Wenn ich meine Bedürfnisse verleugne, werde ich nicht zurückgewiesen.
- Wenn ich mich um andere kümmere und meine eigenen Bedürfnisse verleugne, werde ich geliebt."
Pädagogische Texte lesen und in den Beschreibungen des kindlichen Verhaltens des eigenen, inzwischen 20-jährigen Ichs wiederfinden, immer wieder. Die ganzen Macken und Mechanismen, die ich für mich teilweise erst lerne, zu benennen und zu formulieren, einfach so auf Papier, als trockene Beschreibung, einfach so. Bums. Deal with it.
Ich möchte das nicht.
Vorhin dachte ich mir: "Hey, hätte ich nicht schon vor knapp nem Jahr die Therapie angefangen, hätte ich wahrscheinlich schon keine Lust mehr auf diese ganze Scheiße und die pädagogische Ausbildung einfach abgebrochen." Ha. Wahrscheinlich trotzdem nicht, aber der Unterschied wäre gravierend.
"Ja, das mit der Hausaufgabe hab ich nicht hinbekommen, ich hab's leider nur noch geschafft, meine Gefühle in einen Blogtext zu packen. Ha!"
2011-11-26
Winter, der Dalek unter den Jahreszeiten.
"(…) Graue Melancholie
kriecht durch die Straßen,
in sie eingehüllt eilen Menschen,
auf der Flucht.
Müdigkeit lastet wie ein trüber, schmutziger Schleier auf der Stadt. (…)"
5.12.07
"(…) so abweisend wie der Gedanke an diesen Tag, der mir jede Energie entzieht und einfach nicht zu Ende gehen will (…)"
Uh, wahnsinnig einsichtige und sprachlich wertvolle Gedichte aus meiner Teenagerzeit. Ich mach mal wieder Winterdepression, so wie jedes Jahr. "Same procedure as last year?" "Same procedure as every year, James!" (Tststs, Dummerchen.)
(ich bin so müde, so entsetzlich müde und dauererschöpft und immer am rande des "ich möchte schon wieder anfangen, wegen irgendetwas zu weinen" und das ist kein jammern, es ist nur so, dass selbst dieses sich zusammenreißen, dieses nicht wegen jedem kleinen bisschen weinen oder wütend sein, dieses zusammenreißen ist jetzt gerade an vielen tagen schon zu viel und ich finde das so anstrengend, so anstrengend. es macht alles noch anstrengender als es sowieso schon ist. kein tageslicht, nur grau verhangener himmel, von morgens bis abends, es gibt keine guten gründe, davon nicht bekloppt zu werden! ich wäre zufrieden, wenn man mich in diesen grauen monaten oder vielleicht nur wochen einfach in ruhe ließe, keine ansprüche forderungen stellte schließlich bin ich eine winterschlafperson jedes winzige waldtier lässt man winterschlaf machen nur mich nicht ich muss weiter funktionieren und schulstress bewältigen ja klar wo meine systeme naturbedingt derzeit sowieso eher runterfahren könnte ich mich ruhig ein bisschen mehr in der schule engagieren gerne doch ihr trockenfotzen alle ich hab keine lust mehr so genervt zu sein ich hab keine lust mehr menschen ständig anwüten zu wollen (was ich letztlich eh nie mache) und so un end lich genervt zu sein und sobald ich unter fremden menschen bin sitze ich irgendwann da und will nur noch jedem ein "ich hasse dich" ins gesicht kotzen ich will das nicht. ich mag nicht mehr. hätte ich licht und weniger stress, es ginge mir bedeutend besser. stattdessen sitz ich da und weiß mir nicht zu helfen, alles, was ich machen kann, ist mein ständiges weinen zu akzeptieren und viel tee zu trinken und nicht so viel schokolade zu essen und räucherstäbchenkram anzuzünden und mich abzulenken und jeden tag abzustreichen, eine liste bis zu den weihnachtsferien und silvester, danach dann eine liste bis zum frühlingsanfang und vielleicht wird ja überhaupt alles besser wenn der erste schnee fällt und allein dadurch wieder mehr helligkeit da ist. vielleicht wird dann ja alles besser. vielleicht möchte ich aber auch lieber ein bär sein und in meiner höhle in ruhe gelassen werden.)
6.12.07
"In diesem Zustand der Erschöpfung bringt mich alles, was anstrengender ist als Atmen, fast an die Grenzen meiner Kräfte. (…) es ist auch dieser Unwille, weiterzumachen, weiter zu atmen (…). Warum muss ich funktionieren, auch wenn alles in mir kracht und stottert?"
2011-11-15
Angst
Wir haben so viel zu verlieren.
Wir haben nicht x Leben, wie in irgendeinem Videospiel - wir haben eines.
Und wir haben auch nicht x Chancen, etwas endlich richtig hinzubekommen, wie bei "Täglich grüßt das Murmeltier" - wir habe selten mehr als eine oder zwei.
Ich habe viele Ängste, und ich mag das nicht. Aber eigentlich ist die Lösung ja nie, sich drüber zu ärgern. Die Lösung hat immer was mit akzeptieren zu tun. Und das sollte ich tun. Akzeptieren, dass ich Ängste hab, so wie alle anderen auch, und dass sie mir, anders als bei anderen, viel stärker bewusst sind. Das heißt ja nicht, dass ich mich von ihnen bestimmen lasse.
Wir haben alles Recht der Welt, verdammt viel Angst zu haben, wir dürfen uns davon nur nicht einschüchtern lassen.
2011-11-10
Feststellungen.
Dinge, die man so feststellt.
Ja, ich heule ständig. Und oft finde ich das (inzwischen) gar nicht (mehr) so schlimm, aber ich mag es (immer noch) nicht, wenn ich weine, ohne einen Grund zu haben.
Heute sprach ich mit meinem Therapeuten über das Weinen und er sagte, dass Weinen einmal Trauer sei, der einzige Weg, etwas akzeptieren zu lernen, das unwiederbringlich ist. Und außerdem ist Weinen auch Spannungsabbau. Wer weint, befriedigt ein Bedürfnis, erleichtert sich von einer Bürde. (Ja, ich musste an "Pipi in den Augen" und andere körperliche Bedürfnisse denken.)
Sehr schön fand ich dann: "Und je mehr man weint, desto flacher wird der Tränensee und irgendwann muss man nicht mehr so viel weinen."
Genau. Irgendwann werde ich den Wasserspiegel meines Tränensees auch gesenkt haben. Und dann muss ich auch nicht mehr weinen, weil David Tennant irgendwann nicht mehr der Doctor ist. (Ich übertreibe nicht. Das macht mich gerade echt fertig.)
Ich sitze wirklich hier und weine, weil David Tennant nicht mehr der Doctor ist und hoffe, dass ich in ein paar Jahren darüber lachen kann.
2011-10-25
Al(p? b?)träume
Das tat mir in meinem Traum weh, und ich weinte. Und davon wachte ich auf.
Und nach dem Aufwachen, als ich natürlich nicht sofort an anderes dachte, sondern mich gedanklich mit meinem Traum beschäftigte, fiel mir etwas auf:
Früher handelten meine Albträume (ich schreibs jetzt einfach mal mit b) von Monstern, die mich verfolgten, oder davon, dass meiner Familie oder einem anderen mir wichtigen Menschen etwas zugestoßen war, oder vom Weltuntergang. Das waren die Träume, nach denen ich nicht mehr einschlafen wollte.
Heute kommen in meinem Albträumen häufig mein Vater und meine Großeltern väterlicherseits vor. Beziehungsweise, wenn diese Menschen darin vorkommen, ist es so gut wie immer ein Albtraum, aufgrund der darin enthaltenen Gefühle, Atmosphären etc. Das sind heute die Träume, nach denen ich nicht mehr schlafen will.
Und verdammt, das hat mich traurig gemacht. Träume, die Albträume werden, weil der eigene Vater (!) darin vorkommt. Was zur Hölle?
"I don't always have nightmares, but when I do, I dream about my dad and my grandparents."
Haha, die eigene Emotionsmistlebensscheiße erstmal in ein Meme verwursten, dann ist das mit dem drüber lachen auch wieder einfacher. Dann nur aufpassen, dass man nicht doch wieder anfängt zu weinen, lachen und weinen ist ja durchaus nahe beieinander.
2011-10-22
Kind sein
Also, negatives Kindsein:
- Ich flenne rum. Als würde das irgendwas ändern oder gar helfen.
- Ich habe Ängste in einem Ausmaß, das keinen Spaß macht. Verlustängste. Angst vor Zurückweisung. Angst, zu nerven, was ja auch nur eine Form der Angst vor Zurückweisung ist. Und genauere Beispiele will ich nicht nennen, weil das zu tief blicken ließe und überhaupt, mich nervt das so schon alles genug.
- Ich verstehe ständig Sachen falsch. Ich habe völlig falsche, meistens negative Bilder von Menschen oder insbesondere ihren Reaktionen und komme mir regelmäßig dumm vor, weil mich die Realität eines besseren belehrt oder, genauer gesagt, mich daran erinnert, dass ich es eigentlich schon besser weiß. Ein intuitives "das und das wird passieren" und eine gewisse Zeit später, nach reiflicher Überlegung und/oder weniger Realitätsverlust "nein Maria, das und das würde passieren und eigentlich weißt du das auch. Denk doch mal nach." Es ist so scheiße anstrengend, wenn die eigene Intuition ständig jämmerlich versagt oder einfach nur komplett daneben liegt mit ihren Erwartungen. Und das heißt nicht, dass ich möchte, dass diese Erwartungen sich erfüllen. Nein, ich möchte einfach nur, dass meine Intuition mein Wissen über die Realität etwas stärker miteinbezieht.
- Ich habe solche Angst zu nerven, dass ich oft genug einfach die Klappe halte. Ich halt den Mund. Und ich überlege (manchmal sogar in der Situation) ob ich wollen würde, dass der andere die Klappe hielte, wenn er in meiner Situation wäre (meistens nicht). Aber das muss ja nichts heißen, ich halte trotzdem die Klappe.
- Ich fühle mich unselbstständig und klein und ohnmächtig und DAS ist ja das beschissenste überhaupt am Kindsein. Und ich werde wütend, mir gegenüber, und kann mich nicht beruhigen und dann komme ich mir regelmäßig auch eher wie zwei vor als wie 20 Jahre alt.
Jetzt hab ich keine Lust mehr.
Reicht auch.
Hier, übrigens. Eigentlich bin ich gerade glücklich. Aber die Sachen, die nicht funktionieren, gehen davon nicht weg. Und das ist immer noch anstrengend.
Okay. Vorhaben, zu reden, steht. Seht ihr? Ja, ich werde reden. Versprochen. Mir.
2011-10-21
Was treibt dir Tränen in die Augen?
glück.
traurigkeit, verzweiflung.
sehr oft wut, ich fange dann an zu lächeln, aber nicht mit den augen.
und, nicht zu vergessen: starker gegenwind.
Gibt es Situationen in denen Du das Gefühl hast ein völlig anderer Mensch zu sein?
wenn ich glücklich bin.
und wenn ich traurig, wütend, verzweifelt, in irgendeiner form rasend bin.
Wurden Religionen erfunden, um der Angst vor dem Tod zu begegnen?
wann wurde eigentlich die angst vorm tod erfunden?
und: nein, religionen wurden - wie vieles anderes - erfunden, um der angst vor strukturlosigkeit zu begegnen.
um der angst vor dem tod zu begegnen erfand man götter und in der religion eine möglichkeit, den ansprüchen dieser götter bestmöglich gerecht zu werden und daraufhin etwas zu erringen, was einem die angst vor dem tod nimmt: ewiges leben, paradies, nirvana, weiß der kuckuck.
ob man götter tatsächlich erfunden hat oder ob sie wirklich da sind, ist dann noch ne ganz andere frage.
2011-10-14
Wenn ein Löffelchen voll Zucker…
Jedenfalls. Soviel zur Ausgangsposition.
Irgendwann im Laufe des Frühstücks sagte irgendjemand etwas von "ein Löffel Zucker", muss was mit Kaffee zu tun gehabt haben, bei mir nistete sich daraufhin ein kleiner Ohrwurm aus dem Film "Mary Poppins" ein:
"Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt,
Medizin versüßt, Medizin versüßt,
Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt,
schmeckt [eigentlich "rutscht", aber ich sang es bisher mit "schmeckt"] sie gleich nochmal so gut."
Und der kam jedes Mal wieder, wenn jemand "Zucker" sagte, was mich dazu veranlasste, jedes Mal diese paar Zeilen zu singen.
Es gibt Menschen, die das wahninnig nerven würde. Aber: Die Menschen dort nervte es nicht. Und das ist eigentlich der einzige Grund, warum ich einen Blogpost über diese Begebenheit schreibe: Weil es Menschen wie M. (der eigentlich schlecht gelaunt war) und T. (der schwer erkältet war) gibt, die von meinem Gesinge, einer meiner üblichen Macken, nicht genervt waren, sondern sich freuten und sogar noch extra "Zucker" sagten, damit ich singe.
Sowas ist klein und eindeutig unbedeutend, ich weiß. Aber es passiert und das ist so nett. Das sind "Löffelchen voll Zucker".
2011-09-29
Zum Twittern zu viel, zum grandios darüber schreiben zu wenig.
(Auszug aus "Meine imaginäre Selbsthilfegruppe - wie alles begann")
Ich hab schon wieder achthundertölfunddrölfzig Gedanken gesponnen. Die natürlich niemals, NIEMALS irgendjemand mitbekommen wird, erst recht nicht diejenigen, die sie interessieren oder denen das Wissen darüber vielleicht sogar nützen könnte.
Es ist an der Zeit, dass ich diese ganzen ausgefeilten inneren Monologe auch mal irgendwem vortrage. Es ist seit Jahren "an der Zeit". Manchmal mach ich das ja auch schon und das ist Fortschritt und Fortschritt ist gut, aber öfter mach ich's halt nicht und das ist dann wieder nicht ganz so gut.
Ich fühle mich "weibchen". Nicht, weil ich so ein gebärfreudiges Becken oder als solche identifizierbare Brüste habe, sondern der ganzen "mimimi"-Emotionen wegen. Kotzen könnt ich.
Ein schöner Name für eine bescheuerte Sache:
"die Bridget Jones machen": (Verb) verzweifelt und/oder anderweitig emotional unausgeglichen sein, sich aufgrund dessen bewusst oder unbewusst in stereotypes Verhalten stürzen, das verzweifelten, oftmals alleinstehenden Frauen zugeschrieben wird. Beispiele für dieses Verhalten: in Selbstmitleid baden, Fressattacken, Alkoholmissbrauch, etc.pp.
Dieses beinahe Beten, dass meine Reaktion und mein Empfinden hoffentlich, bitte! normal ist und nicht eine Sache mehr, die bei mir kaputt ist.
Und dann leistet der Kopf für ein paar Augenblicke gute, alte Verstandesarbeit und ich werde ruhiger.
Und eigentlich wollte ich ja auch schlafen gehen.
2011-09-28
Hatten Sie ein Lieblingsstofftier? Wie hieß es und was war es, und besitzen Sie es heute noch?
ich kann mich nicht für ein lieblingsstofftier entscheiden, weil das die anderen zu sehr verletzen würde. war schon immer so.
wichtig bis heute sind: robbe (eine ca. 1 m lange babyrobbe, weiß und flauschig), teddy (mein brauner teddybär), teddy-baby (ein kleiner teddy in einem blümchengemusterten anzug) und panda (ein pandabär).
wunderbar deskriptive namen, nicht wahr?
2011-09-26
Was machen Sie anders als Ihre Eltern?
ich denke mehr nach. ich reflektiere mehr. ich bin, lebe, fühle, handle bewusster. ich weiß vielleicht nicht ganz, wer ich bin und vielleicht werde ich das auch nie ganz sein, aber ich weiß schon viel über mich und es wird mehr und ich bin auf einem guten weg. und das jetzt schon, nicht erst mit 40.
jedenfalls habe ich das alles vor. und es sich bewusst zu machen und sich vorzunehmen und los zu gehen ist ein guter anfang, ja?
ich will nicht die gleichen fehler machen. ich will da sein.
2011-09-20
warum hat man im internet das gefühl, jeder zweite hätte auch nen psychoknacks, während man sich im rl damit immer noch wie ein alien fühlt?
weil wir doch im internet alle viel offener und ehrlicher miteinander sind.
wenn ich hier darüber twittere, dass ich bei meinem therapeuten war, liest das irgendwer, denkt sich minimal seinen teil und findet's vielleicht sogar noch wertvoll - ich krieg davon nicht viel mit.
wenn ich aber im gespräch nebenbei erwähne, dass ich ne therapie mache, kommt sofort neugier, vielleicht sogar unverständnis und nach einer kurzen erklärung manchmal auch mitleid auf. das sind reaktionen, die ich einfach "bäm! in die fresse" kriege von meinem gegenüber.
ich habe an sich kein problem damit, darüber zu reden, dass ich ne therapie mache, aber die beschriebene reaktion (die ich von internetmenschen nicht kriege, weil internet nicht so unmittelbar ist) ist schon etwas unangenehm. und wenn ich diese reaktion erstmal gehabt hab, will ich vielleicht auch nicht mehr unbedingt erklären, was genau das problem ist, was für fortschritte und erfahrungen ich gemacht hab. das hat dann wenig mit den menschen zu tun als mehr mit ihren reaktionen.
lange rede, kurzer sinn:
rl = unmittelbare reaktionen = weniger offenheit, weil ich gar nicht auf alles ne reaktion will, vor allem keine unmittelbare
internet = keine unmittelbaren reaktionen, vielleicht sogar gar keine oder welche, die sich leicht ignorieren lassen = mehr offenheit, weil "keiner guckt" (zumindest kommt dieses gefühl leicht auf)
2011-09-15
Neue Geschichten von meinem unterirdischen Humorniveau und mir.
Ein kleines bisschen Vorwissen: Ich bin habe eine Ausbildung zur Erzieherin angefangen, gehe also auf eine Fachschule. Und die ist in Bremen, wo derzeit Schüler auf die Straßen gehen, um gegen die Stundenkürzungen zu demonstrieren, die eines der vielen Übel sind, die mit den (vor allem finanziellen) Kürzungen im Bildungsbereich zusammenhängen. Soviel dazu.
Heute erzählte uns in der Schule ein Lehrer, wie man ja im Musikfachbereich gerade mal Geld habe, um neue Gitarrensaiten zu kaufen, aber nicht für neue Lehrmittel.
Ich hörte zu und sagte, mehr zu mir selbst: "Sad Story!" Woraufhin K., die neben mir saß, mich gespielt-empört wegen dieser - ihrer Auffassung nach - ironisch gemeinten Äußerung zurecht wies. Ich antwortete, mit einem für mich typisch unterirdischen Humorniveau: "Das war nicht ironisch! Ich mache zwar Witze über den Holocaust, aber doch nicht über die Bildungsmisere!"
[Anmerkung: Ja, Bildungsmisere ist der falsche Begriff, ich meinte eigentlich die prekäre Situation der Bildung, was die Finanzen angeht. Asche auf mein Haupt.]
Jedenfalls, darüber freute sich dann T., der zwei Plätze weiter saß: "Mensch Maria, was du wieder raushaust!"
Und dann wurde noch sehr über meine gestikulative Darstellung einer Hirnimplosion durch unterdrücktes Niesen, die irgendwie einem Selbstmord mit Schrotflinte glich, gelacht. Menschen, die über Kopfkinobilder mit "an der Schädelinnenseite herunterlaufendem Gehirn" o.ä. mitlachen, sind so wertvoll.
Das ist nett. Gemocht werden als der bescheuerte Mensch der man ist für eben diese Bescheuertheit ist so wahnsinnig nett.
(Ich weiß nicht, was ich vorher ohne das gemacht habe, weil ich dieses Gefühl eigentlich erst vor zwei bis drei Jahren bewusst wahrnahm. Und vorher war ich wahrscheinlich wirklich nicht mal halb so bekloppt wie ich sein wollte. Und wär ich es gewesen, hätte ein großer Teil der Leute, die mir damals wichtig waren, sich Sorgen gemacht. Was mich wiederum traurig gemacht hätte/ vielleicht sogar hat, weil dann ja eben diese Annahme der eigenen Bescheuertheiten durch andere fehlt.)
Blablabla.
2011-09-11
Hattest du eine schöne Jugend?
aber wie gesagt. frag mich in 30 jahren nochmal, vielleicht heule ich dann schon rum, dass ja alles so toll war und bla.
vielleicht, und das würde ich sehr begrüßen, behalte ich aber mein bewusstsein für meine vergangenen perspektiven, und meine empathie für meine früheren ichs bei. das fände ich toll. denn dann würde ich auch mit 50 noch sagen: hey, es gab geile zeiten und tolle sachen, die ich in meiner jugend gemacht hab. und das waren großartige zeiten. aber es gab auch zeiten, in denen ich gerne gestorben wäre, und das zurecht, zeiten, in denen mir alles zu schwer war und ich zu allein war und zu überfordert. allein und überfordert mit der welt, mit den menschen um mich, mit schule und sogar mit mir selbst. und diese zeiten hindern mich bis heute, meine jugend als "schön" zu bezeichnen. und das ist okay.
das fände ich gut. weil ich nicht möchte, dass ich mir meine vergangenheit irgendwann schön lügen kann und damit all mein damaliges leiden ignoriere und für übertrieben erkläre.
(ganz objektiv: ich fing erst gegen ende meiner jugend halbwegs an, mit mir zurecht zu kommen, in meiner jugend habe ich einen sehr großen, sehr wichtigen teil meines umfelds verloren, erkannt, was mein vater für ein versager ist, meine eltern haben sich getrennt und die aus beiden zuvor genannten umständen entstehende emotionale situation hat mein abi deutlich schlechter gemacht als es hätte sein müssen. oh, und die todessehnsüchte aus unterschiedlichen gründen und anhaltende depressive phasen, aus welchen gründen auch immer.
ich finde das reicht insgesamt, um meine jugend objektiv als eher unschön zu sehen und zu empfinden.)
Ein kleines Ziel.
Bei all den schönen Bildern, die man überall so sieht, auf tumblr und auch sonst, nicht mehr denken "Das werde ich nie können". Sondern ausprobieren. Und wenn's Tusche ist. Egal. Ausprobieren. Und was dann dabei rauskommt ist mit Sicherheit keine Kopie des Originals und vielleicht nicht mal gut, aber es ist meins. Meins. Meine Version.
Kreativität beginnt damit, dass man sie überhaupt erstmal auslebt. Dass man losgeht und macht, ganz egal, ob es gut wird oder ist oder nicht. Und weitermacht, auch wenn's schlecht ist. Kreativität ist auch, sich nicht drum zu scheren, ob mir jemand für mein Geschaffenes Komplimente macht oder Geld zahlt oder nicht. Deshalb ist Kreativität ja auch frei und deshalb ist es so wichtig, dass sie frei ist. Weil das Urteil der anderen nicht ausschlaggebend ist.
Liebe Menschen da draußen, die eigentlich in ihrem Kopf kreative Ideen haben, sich aber nicht trauen, sie auszuleben, aus Angst, irgendwelchen Ansprüchen (vor allem den eigenen) nicht zu genügen:
Traut euch. Geht los. Macht. Auch die größten Künstler haben mal klein angefangen. Und: es muss ja nicht gut sein. Hauptsache, es auszuleben macht dich glücklich.
don't give up, the beginning is always the hardest. |
2011-08-30
Was hast du verpasst?
eine unbeschwerte pubertät, in der man auch mal einfach nur restlos dumm ist, ohne sich nen kopf über die welt und sich selbst und überhaupt alles zu machen. ich hatte insgesamt spaß und ich hab auch dummes gemacht, aber ich hab auch viel viel viel rumgedacht, oft ohne darüber zu reden, und das finde ich heute schade. wenn es meinen kindern irgendwann so geht, möchte ich für sie da sein, bevor sie sch das hirn zermartern.
eine unbeschwerte kindheit, in der man sich keine sorgen um die finanzen der familie macht, in der man auch mal wichtig ist oder zumindest fühlen kann, dass man wichtig ist, hab ich meiner meinung nach auch verpasst. und ich weiß, dass meine wahrnehmung anderen, z.b. meiner mutter, weh tut, weil sie mich liebt und ich ihr wichtig bin und war und das tut mir leid, aber das ändert nichts daran, dass ich das alles rückblickend immer noch sehen kann und immer noch weiß, dass ich mich mehr als einmal gefragt habe, ob ich adoptiert bin und deshalb nicht in meine familie passe.
ich hab gedankenlosigkeit verpasst. werde ich immer. immer wieder.
ich hab das abi, das ich hätte leisten und haben können, verpasst. für immer.
ich hab menschen und denkwürdiges und zeit verpasst.
Fast alles, nein, eigentlich alles-alles, was du geschrieben hast, trifft ebenso auf meinen Vater zu... Väter sind scheiße. Das ist jetzt zwar keine Frage, aber... es tut mir leid für uns.
schon irgendwie.
und was auch tragisch ist: es stimmt gar nicht. väter sind nicht scheiße. es gibt gute väter und ich sehe sie immer wieder und auch nach jahren lässt mich das immer wieder mit offenem mund da stehen und staunen, wenn ich sehe, was für gute väter manche männer sind. es ist nur nie meiner. nie mein vater. nein, ausgerechnet meiner muss ein versagerexemplar par excellence (wie auch immer das geschrieben wird) sein und das stört mich wirklich sehr, das kotzt mich an. das führt dazu, dass ich sogar auf fremde, offensichtlich awesome seiende väter mit kind im tragetuch im bus sauer sein kann. "du bist ein toller vater, aber nicht meiner. folglich bist du scheiße. geh weg." irrationaler kackmist.
2011-08-25
Was hat dein Vater getan, dass du ihn so konsequent für so viele deiner Probleme verantwortlich machst?
und er hat auch nicht wirklich schlimme dinge getan, bei denen man betroffen schweigt und nicht weiß was man sagen soll.
aber er war kein guter vater. er war ein desinteressierter vater, bei dem seine eigenen interessen und bedürfnisse immer vor denen aller anderen kommen. eine befreundete ärztin hat da mal eine narzisstische persönlichkeitsstörung vermutet, aber das ist nie irgendwie psychologisch festgestellt worden.
ich habe viele lustige erinnerungen an meine kindheit, die mit meinem vater verbunden sind. wir haben rumgealbert, witze gemacht, uns immer gut verstanden, schon als ich sehr klein war. ich war seine lieblingstochter. wir haben beide ein großes allgemeinwissen, man hatte eine intellektuelle ebene, das war nett.
aber: man wird älter und man schnallt mehr und man sieht dinge, die man vorher nicht gesehen hat. und was ich irgendwann sah, war, wie dumm mein vater teilweise ist. nicht dumm, was intelligenz angeht. sondern dumm, was wirkliches nachdenken angeht. wie dumm er handelte. wie dumm er diskutierte. dass meine meinung an seine sowieso nie heranreichen konnte, weil seine meinung die wahrheit war und nichts als die wahrheit.
mein vater sieht bis heute nicht, dass ich eine person bin, die eine eigene meinung hat und eigenständig denken kann. er liebt mich zwar, aber auf eine art, mit der ich nichts anfangen kann, weil diese liebe aus meiner sicht - genau so wie er und seine wahrnehmung der realität - krank ist. wenn jemand mich liebt, mich aber nicht als person wahrnimmt - sorry, das finde ich scheiße.
hinzu kommt, dass mein vater einfach nie da war und meine mutter mehr oder weniger fünf kinder alleine groß gezogen hat, was stressig und anstrengend war und sie an den rand ihrer kräfte gebracht hat, was auch für uns kinder auswirkungen hatte. er hat sich nicht darum gekümmert, einen job zu bekommen und geld zu verdienen, für seine große familie. das wenige geld, das wir hatten, ging eher für ihn drauf als für die ganze familie. man hätte damit wirtschaften können, aber weil er das nicht konnte, war das geld immer knapp, man konnte sich vieles schlichtweg nicht leisten.
der ganze scheiß in der ehe meiner eltern, der sich natürlich auch auf uns als ganze familie auswirkte, lässt sich zu großen teilen oder sogar insgesamt darauf zurückführen, dass mein vater nie erwachsen geworden ist. nie wirklich verantwortung übernommen hat. immer in erster linie für sich sorgt. und dann für sich. und dann für sich. dann für sich selbst, dann für sich, und irgendwo ganz am ende der schlange stehen dann vielleicht auch mal die anderen.
mein vater war und ist immer noch ein schlechter vater, weil er schlicht und ergreifend keiner war und ist. ich habe einen vater und habe keinen vater. das ist scheiße.
2011-08-23
Liebes inneres Kind.
Wie schnell ich das vergesse. Wie oft ich das nicht bin. Ich scheitere, bin dann scheiße zu mir und mache es damit noch schmerzhafter.
Und dann sitze ich da und weiß um Himmels willen nicht, warum es mir so dreckig geht und nach Stunden fällt es mir ein: Ach ja.
Ach ja, Maria. Wie würde es einem Kind gehen, wenn du es für sein Scheitern fertig machst? Und was machst du mit dir? Und wie geht es dir?
Und während ich im Schneckentempo zu derartigen Erkenntnissen komme, sitzt mein inneres Kind in der Ecke und weint sich die Augen aus.
Liebes inneres Kind, ich bin so gemein zu dir und tue dir weh und es tut mir entsetzlich leid. Bitte vergib mir.
(Ich bekomme Termine nicht auf die Reihe, erledige nicht, was ich erledigen wollte/sollte, tätige Anrufe nicht, wenn ich sie tätigen sollte. Und ich stehe da und scheitere und gucke mir dabei zu und schimpfe. Der starke, erwachsene Teil schimpft entsetzlich mit dem schwachen Teil von mir. Dem Kind-Teil. Ich schimpfe entsetzlich mit mir, bin wahnsinnig wütend und enttäuscht. Von mir. Ich schimpfe und tobe und haue meinen Kopf und fühle mich völlig im Recht, ich habe das verdient, ich baue nur Scheiße.
Aber schließlich dann fällt mir auf, wie falsch das ist. Ich muss die Perspektive wechseln, ich muss projizieren, um es zu merken, aber es fällt mir auf. Inzwischen. Endlich.
Und dann fühle ich mich schuldig. Der starke Teil merkt, wie falsch das ist und fühlt sich schrecklich. Dieses Gefühl wird stärker bewusst, mit jedem Mal.
Was ich hinbekommen muss, ist nicht, mich auf die Seite des schwachen Teils zu stellen und den starken Teil auszuschimpfen. Denn dann wäre ich ja wieder gegen mich. Nein, ich muss den starken Teil dazu bringen, dem schwachen Teil zu helfen. Sie sollen nicht gegeneinander, sondern miteinander sein. Ich will nicht gegen mich selbst sein. Also bringe ich die beiden unter einen Hut, so gut es geht. Und es klappt zunehmend besser, glaube ich sagen zu können.)
Hallo Maria, denk dran: Ein Scheitern ist selten bis nie der Weltuntergang.
2011-08-16
Der heutige Tag als Blogeintrag. Oder so.
Auf dem Weg zur Grundschule, im Bus. Mein Handy erinnerte mich daran, dass heute Madonnas Geburtstag ist/war, der 53., wenn ich mich recht entsinne. Kurz danach sah ich eine sehr anorektisch aussehende Joggerin. Sie war ganz mager und sehnig. So wie Madonna. Das hat mich kurz amüsiert, auf eine tragische, zynische und etwas resignierte Art und Weise. Erschreckend, sowas.
Später, immer noch im Bus, habe ich weiter vor mich hingedacht. Ich weiß noch genau, wo ich langgefahren bin während dieser Situation. Irgendwann war da eine Straße, die Metzer Straße hieß. Für einen Moment las ich "Metzler Straße". Und so kam es, dass ich an Jakob von Metzler dachte, das passiert mir hin und wieder. Jakob von Metzler wurde am 17. April 1991 geboren, ich am 8. Mai desselben Jahres. Nicht ganz ein Monat Unterschied. Jakob von Metzlers Eltern dachten ebenso wie meine Eltern auch, sie hätten ein Kind mit einer Zukunft bekommen. Sie dachten natürlich, dass dieses Kind sie zu Grabe tragen würde und nicht andersrum. Niemand glaubt, dass er sein Kind zu Grabe tragen muss, bis während der Schwangerschaft irgendwelche Probleme festgestellt werden. Ist das nicht der Fall, glaubt natürlich niemand, dass ausgerechnet sein/ihr gesund geborenes Kind nicht lange leben, sondern entführt und ermordet wird. Dass es einen eigenen Wikipedia-Artikel haben wird, in dem der Name seines Mörders verlinkt ist. Und dass der Name des Mörders ausgerechnet Magnus Gäfgen ist, Gäfgen, wie ein hässliches Kläffen, und dass dieser Mensch auf Bildern so aussieht, dass ich das Gefühl dazu nicht richtig benennen kann, beziehungsweise das hier gar nicht will, weil es nicht nett ist, Menschen als "eklig" zu bezeichnen. Und dass der Wikipedia-Artikel des Mörders länger ist als der des Opfers. Und dass darin unter anderem steht, dass der Mörder mit der Entführung seinen aufwendigen Lebensstil finanzieren wollte. Der gemeine Leser fühlt sich ganz besonders abgestoßen.
Wo ich dann im Bus gedanklich gerade bei ermordeten Kindern und ihren Familien war, dachte ich an Mirco, der kleine Junge, der dieses Jahr von einem 45-jährigen Familienvater ermordet wurde. Mirco kam aus einer christlichen Familie. Und nachdem Mirco gefunden und der Mörder gefasst wurde, hat seine Familie dem Mörder vergeben. Ziemlich schnell. Christliche Familien machen das so. Ist jedenfalls mein Eindruck. Zynisch, ich weiß. Aber ich komme ja selbst aus der christlichen Szene. Und immer, wenn ich das höre/lese/mitkriege, wie eine christliche Familie oder irgendein Christ dem Mörder seines Kindes/sonstigem Verwandten - wie gesagt, das kommt öfter vor - vergibt, will ich kotzen. Ein Aspekt ist sicher, dass ich selbst Schwierigkeiten habe mit Vergebung. Ein anderer Aspekt ist, dass ich den Menschen das einfach nicht wirklich abnehme. "Hey, du hast mein Kind ermordet, das ist blöd, aber ach komm, ich vergebe dir." Sorry, I'm not buying this. Und ich habe einfach generell die Sorge, dass da Dinge zu kurz kommen. Dass diese Menschen nicht wütend oder werden, sondern sich diese Wut verkneifen, weil sie glauben, es sei falsch, wenn sie den Mörder am liebsten umbringen wollen würden. Dass man sich gegenseitig überzeugt, dass man dem Mörder vergeben möchte, denn "was würde Jesus tun?" Ernsthaft? Das würde mich in dem Moment nicht die Bohne interessieren, außer wenn Jesus mein totes Kind wieder zum Leben erwecken würde.
Ich kenn doch diese komische Gehirnwelt. Wir müssen vergeben, Jesus würde das wollen. Nein, ich muss gar nichts, jedenfalls nicht sofort. Und Jesus nimmt's mir nicht übel, wenn ich erstmal noch ein paar Jahre nicht mit dem Verlust klarkomme.
Überhaupt: What's the point? Liebe Christenheit, denkt ihr, die anderen finden euch scheiße, also, mehr als ohnehin schon, wenn ihr Mördern nicht vergebt? Warum muss man nach nicht mal einem Monat kundtun, dass man dem Mörder übrigens vergeben hat? Das wirkt nicht cool und souverän und speziell christlich mitfühlend und nächstenliebend. Das hat einfach nur einen Beigeschmack von "bitte, sucht euch einen guten Therapeuten."
Ich habe seit heute morgen im Bus vor, die Gedanken dieses Tages, die für Tweets einfach etwas zu umfangreich waren, in einen Blogeintrag zu packen. Und jetzt ist das ein Blogpost über ermordete Kinder, hooray.
Ein tolles Happening des heutigen Tages war das mit Rasierklingen Klebereste von Fensterscheiben abkratzen. Jetzt sind meine Fingerkuppen etwas gefetzt und um meinen rechten Daumen und Zeigefinger sind fette Pflaster, die meine Motorik etwas einschränken. Toll. Originell. Sich mit links den Arsch abwischen ist ganz schön schwer.
Ich bin so müde. Vorhin habe ich tatsächlich Baldriantabletten gekauft, nachher werde ich welche nehmen. Das fühlt sich an wie ein Tiefpunkt. Weil… hallo. So sehr nicht einschlafen können, dass man irgendwelche Mittelchen nimmt. Aua. Vorhin telefonierte ich mit meiner Oma und klang so verdammt müde und leise wie nie. Das letzte Mal gut eingeschlafen bin ich am Sonntag Morgen um 7, volltrunken und etwas verheult. Das Sofa war scheiße unbequem, also schlief ich nicht gut, aber immerhin schlief ich gut ein. Ich möchte endlich mal wieder gut schlafen. Aber wenn ich mich abends in mein Bett lege, ist das kein Frieden und ich hab nicht dieses "mein Bett ist nett"-Gefühl, das sonst immer da ist, IMMER. Wo ist mein nettes Bettgefühl hin? Ich möchte nicht richtig darüber nachdenken, was für Gründe es für diese Entwicklung gibt. Vielleicht muss ich einfach endlich mein Zimmer aufräumen, in aufgeräumten Zimmern fühlt man sich wohler und schläft vielleicht auch wieder besser.
2011-08-02
World's Most Dangerous Countries for Women
"Targeted violence against females, dismal healthcare and desperate poverty make Afghanistan the world's most dangerous country in which to be born a woman, with Congo a close second due to horrific levels of rape. Pakistan, India and Somalia ranked third, fourth and fifth, respectively, in the global survey of perceptions of threats ranging from domestic abuse and economic discrimination to female foeticide (the destruction of a fetus in the uterus), genital mutilation and acid attack."
2011-06-25
Noch so ein Blogpost, den ich meinem Vater vielleicht einfach als Mail schicken sollte.
2011-06-22
"dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch."
Der ganze Text, ohne Klammern und in der Ursprungsreihenfolge, ist mir zu privat für hier. Das kann ich nicht. (Und ja, ich als bekennende Menstruationstwittererin kann auch kaum glauben, dass ich das schreibe.)
(Nett, wie vieles ich heute nicht mehr so sehe. Obwohl ich mir in dem Moment sehr, sehr sicher war.)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (I)
"Würdest du mich einfach so mögen, wäre da ja nichts, was ich erreichen und auf was ich stolz sein kann. Das wäre ja viel zu einfach! Das wäre ja, als würde der eigene Vater einen liebhaben, obwohl man gar nichts dafür getan hat!" (...)
"Wenn mir einfach so Interesse entgegen gebracht wird, muss ich ja nichts leisten."(...)
"Sollte da irgendein Unterschied in der Sympathiemenge vorhanden sein, dann nur, weil ich das so will. Und es so einrichte. Blöderweise. Weil irgendetwas in mir zu glauben scheint, dass das so muss. Der andere kann mich nicht einfach so toll finden wie ich bin. Das kann nicht stimmen. Da muss eine Diskrepanz her. (...) Weil ich nunmal ich bin. Und andere nicht. Und ich war bisher mickrig und deshalb ist es nur logisch, dass ich auch mickrig bleibe. Es kann ja wohl kaum sein, dass ich nicht mickrig bin, sondern mich nur so fühle. Nein, das stützt sich schon auf Erfahrungen, einschlägige. Ich bin so vieles nicht wert, weil das so ist. Das war schon immer so. Kein Fehler in der Matrix." (...)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (II)
(...)"Ich sehe am Tag mindestens zwei Menschen, in deren Lächeln ich mich auf der Stelle verlieben könnte. Und mindestens genau so viele Augen, die genau die richtigen Blicke haben. Und mindestens genau so viele Hände, die mich schlichtweg verzaubern, in den simpelsten Momenten. DU BIST ERSETZBAR. Du bist nur einer von vielen, deren Aufmerksamkeit ich möchte, weil ich da irgendein nimmersattes schwarzes Defizitloch in mir habe. Und es läuft rum und sagt "Hunger" und ich esse und esse und am Montag gibt es einen Apfel und am Dienstag zwei Pflaumen und am Samstag Eiscreme und Kuchen und Pizza und Gummibärchen, aber das nimmersatte Defizit ist immer noch nicht satt. Und dann gibt es Menschen. 'Guck mal der, der ist schön. Und der. Und der. Und wenn der da mich schön, toll, bemerkenswert in irgendeiner Form finden könnte, wäre ich glücklich. Aber es kann auch der sein. Oder der.'
Weil ihr alle egal seid. Es geht um mich, ausschließlich."
(...)
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dieser Text. oder diese Geschichte. oder dieses Ding in meinem Kopf, das nicht mit mir reden will. Arschloch. (III)
"Würdest du mich einfach so mögen, wäre da ja nichts, was ich erreichen und auf was ich stolz sein kann. Das wäre ja viel zu einfach! Das wäre ja, als würde der eigene Vater einen liebhaben, obwohl man gar nichts dafür getan hat!" (...)
"Ja. Letztlich alles, was mein Vater [Anmerkung: Inzwischen schiebe ich das nicht mehr nur auf ihn, sondern auch auf andere.] an mir verbocken konnte. Da kommt das kleine Mädchen her, das so unbedingt geliebt werden muss für all die tollen Sachen, die es hinkriegt. Immer auf der Suche, nach Anerkennung, nach Liebe, Bewunderung - nicht aus Oberflächlichkeit, sondern aus einem ganz grundsätzlichen Bedürfnis heraus. Die Suche ist das einzig Bekannte. Und wenn dann jemand versucht, das zu erfüllen, das Gesuchte zu sein, wenn da jemand passt, weil er das Gesuchte ist - das geht nicht. Dann ist das einzige, was man kennt, weg. Die Suche. Die Suche ist schon so lange da, die kann nicht einfach weg sein. Alle anderen sind erst später dazu gekommen, die dürfen die Suche nicht verdrängen. Und wenn sie das tun, entscheidet man sich halt und dann natürlich für das, was einem vertraut ist. Suchen. Immer weiter. An allen überhaupt möglichen Zielen vorbei, weil der Weg das Ziel ist und die Suche der Schatz, der einem immer einen Regenbogen voraus ist."
2011-06-18
Was ich sollte.
Ich sollte und müsste schreiben. Schon ein paar Sätze wie diese bringen Erleichterung. Ich müsste einfach nur weitermachen und weitergehen. Es wäre gar nicht so schwer, schwer kommt es mir nämlich nur vor, solange ich nicht damit anfange.
Aber es wäre auch nicht leicht. Und ich bin müde. Ich bin müde, ich bin müde, immer, wenn es drauf ankommt, bin ich müde. Also setze ich mich hin und lenke mich ab, mit irgendwas, alles wird begeistert angenommen, was auch nur irgendeine Ablenkung verspricht. Ich lenke mich ab "und tue so, als würde ich nicht denken." Und hoffe, dass Das Da in mir aufhört zu wimmern und mich vorwurfsvoll anzustarren. Und dass beim nächsten Mal wieder irgendeine gute Ablenkung zur Verfügung ist, damit ich mich um Gottes Willen nicht mit meinen Gordischen Knoten beschäftigen muss.